Chinesen drängen auf deutschen Wohnungsmarkt

General view of the characteristic Frankfurt skyline with its banking towers
General view of the characteristic Frankfurt skyline with its banking towersREUTERS
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Reiche Chinesen haben mehr Vertrauen zum deutschen Immobilienmarkt als zur boomenden Wirtschaft im eigenen Land. Versuche der chinesichen Regierung, Kapitalabflüsse zu stoppen, sind bislang nur mäßig erfolgreich.

Frankfurt. Immobilien sind in Deutschland begehrt, nun kommt noch eine Käufergruppe mit dickem Geldbeutel dazu. Chinesen investieren Milliarden in Deutschland.

172 Meter hoch, weiter Blick über die Stadt, Concierge, Dachgarten und Sonnendeck: Bei der Frankfurter Messe wächst ein Wohnturm, der ganz nach dem Geschmack reicher Investoren ist. Der "Grand Tower" soll Deutschlands höchstes Wohngebäude werden - und Maßstäbe in Sachen Luxus setzen. Zwar stehen erst einige
Stockwerke im Rohbau, doch fast alle Wohnungen sind schon
vermarktet. Zugeschlagen haben vor allem ausländische Käufer,
verkündete der Immobilienspezialist JLL Residential jüngst, allen
voran aus Asien.

Deutschlands angespannter Wohnungsmarkt bekommt zusätzlichen
Druck von vermögenden Kunden aus aller Welt. Bei Immobiliendeals
jenseits der zehn Millionen Euro stammte 2017 mehr als jeder zweite Euro von ausländischen Kapitalgebern, zeigt eine Studie des Verbands deutscher Pfandbriefbanken.

Deutsche Mieter gelten als zuverlässige Zahler

Insgesamt flossen über 59 Milliarden in Gebäude - fast dreimal so viel wie 2010. Für internationale Immobilien-Investoren ist Deutschland ein Eldorado: Das Land steht für Rechtssicherheit, politische Stabilität und eine starke Wirtschaft - ein scheinbar sicherer Hafen in turbulenten Zeiten um Brexit, Trump und Co. "Für ausländische Käufer gibt es nichts Besseres als den deutschen Mieter, der zuverlässig zahlt", sagt Lukas Siebenkotten, Chef des Mieterbunds. Die niedrigen Zinsen, die Großanleger in Immobilien drängen, tun ihr Übriges.

Unter den Käufern sticht neben US-Amerikanern eine Gruppe
besonders hervor: Reiche Chinesen. Die steigende Zahl der
Vermögenden in der Volksrepublik und die wachsende Mittelschicht
suchen nach Anlagezielen. Doch vor Ort sind die Preise in den Himmel gestiegen. In Peking und Shanghai kosten Wohnungen im Zentrum mehr als 10.000 Euro je Quadratmeter, in der Spitze werden 15.000 bis 18.000 Euro fällig. Dagegen bieten deutsche Großstädte wahre Schnäppchen.

Chinesische Mittelschicht wächst rasch

Zudem genießt Deutschland in Fernost traditionell einen guten
Ruf. "Wir beobachten seit längerem, dass Chinesen auf dem deutschen Wohnungsmarkt sehr aktiv sind", sagt Sven Carstensen, Frankfurter Niederlassungsleiter beim Immobilienspezialisten Bulwiengesa.

2016 legten Chinesen laut dem Berliner Makler Rubina Real Estate
die Rekordsumme von 33 Mrd. Dollar (aktuell 26,5 Mrd. Euro) im
Ausland an - über 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Tendenz steigend: "2022 werden 76 Prozent der chinesischen Stadtbevölkerung der Mittelschicht zuzurechnen sein, das sind mehr als 550 Millionen Menschen", sagt Geschäftsführer Carsten Heinrich. In Städten wie Peking und Shanghai dürften Familien nur eine Immobilie zur Selbstnutzung kaufen. "Da ist es die logische Folge, dass sich Anleger nach Alternativen umsehen."

China erschwert Auslandsinvestments

Für die Lust der Chinesen auf Immobilien im Ausland gibt es noch
einen anderen wichtigen Grund: Die neue Mittelklasse traut der
boomenden chinesischen Wirtschaft immer weniger und möchte ihr Geld lieber sicher im Ausland wissen.

Daher macht es China seinen Bürgern immer schwerer, Geld ins
Ausland zu schaffen. Seit langem gilt die Regel, dass jeder Chinese
maximal 50.000 Dollar pro Jahr in ausländische Währungen tauschen darf. Familienmitglieder tun sich so zusammen, um Immobilien in anderen Ländern zu kaufen. Beliebte Schlupflöcher, wie Transfers über die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong, versucht Peking aus Angst vor weiteren Abflüssen mit immer neuen Beschränkungen zu stopfen.

Makler spezialisieren sich auf Kunden aus Asien

Doch bisher bremst das die Kauflust in Deutschland, Australien
oder den USA kaum: Beliebte Investitionsziele für Käufer aus Fernost sind Frankfurt, Berlin, Hamburg oder München. Sie haben global Strahlkraft und sind wirtschaftsstark. "Einige Makler spezialisieren sich schon auf asiatische Kunden", sagt Bulwiengesa-Experte Carstensen. "Sie gehen bewusst auf kulturelle Besonderheiten ein."

Auch wenn Chinesen nur eine Käufergruppe sind: Sie tragen dazu
bei, dass die Nachfrage in deutschen Metropolen weiter steigt. Sie
kaufen nicht nur Luxus-Objekte, sondern auch am breiten Markt. Die
Anfragen chinesischer Kunden hätten sich in den vergangenen vier
Jahren mehr als verdoppelt, sagt Makler Heinrich. Viel Interesse
gebe es an Ein- oder Zwei-Zimmerwohnungen zwischen 250.000 und 400.000 Euro.

Auch prägen die Investoren aus Übersee mit ihren meist hohen
Ansprüchen den Markt für Neubauten. Der zielt ohnehin oft auf
solvente Käufer und wenig auf Normalverdiener, stellt die
Beratungsfirma EY fest: "In den Ballungszentren entstehen auffällig
viele kleine Wohnungen mit hohen Quadratmeterpreisen."

(APA/dpa)

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