Die EU und China bereiten Gegenmaßnahmen zu den Strafzöllen vor, die US-Präsident Trump auf Stahl und Aluminium angekündigt hat. Der Welt droht ein Handelskrieg.
Washington/Brüssel/Wien. Mit seiner Ankündigung, Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumimporte zu erlassen, hat US-Präsident Donald Trump die Welt schockiert. Die Folge könnte ein Handelskrieg mit der EU und mit China sein. Für Trump kein Problem: „Handelskriege sind gut und leicht zu gewinnen“, schrieb er am Freitag auf Twitter.
1. Nimmt Europa Trumps Erklärung eines Handelskrieges an?
Ja. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte am Freitagabend Gegenmaßnahmen an. Es würden Zölle auf Harley-Davidson, Bourbon-Whiskey und Levi's-Jeans gelegt: „Man wird uns kennenlernen“. Das sei zwar „alles nicht vernünftig, aber Vernunft ist ja ein Gefühl, das sehr unterschiedlich verteilt ist in der Welt“. Vor einem konkreten Beschluss seien noch die Einzelheiten der US-Maßnahmen abzuwarten. Brüssel hat eine lange Liste von US-Waren für mögliche Strafzölle vorbereitet: Je ein Drittel landwirtschaftliche Produkte, industriell gefertigte Güter und Stahl, sagte ein EU-Sprecher zur „Presse“. Wie groß der Schaden wäre, der europäischen Herstellern drohte, kann selbst der Stahlverband Eurofer derzeit nicht beziffern. Fünf Mio. Tonnen Stahl verschiedenster Beschaffenheit und Preise gingen 2017 in die USA.
Auch Deutschland und Frankreich planen bereits Maßnahmen: "Wir haben uns entschlossen - mit mehr Nachdruck als in der Vergangenheit - das Projekt 'Gemeinsame Unternehmenssteuer mit Frankreich' voranzutreiben", kündigte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Samstag an.
2. Was bedeutet die Ankündigung von Strafzöllen für Österreichs Unternehmen?
Direkt betroffen sind in Österreich die großen Metallurgiehersteller wie die Voestalpine oder die Amag. Die USA sind kein unbedeutender Markt für diese Unternehmen. Im Jahr 2017 exportierte Österreich etwa 267.455 Tonnen Stahl in die USA. Das ist immerhin ein Drittel dessen, was China geliefert hat. Abhängig davon, wie die Verordnung über die Strafzölle genau aussehen wird, könnte aber auch die metallverarbeitende Industrie im Land betroffen sein, sagt Michael Löwy von der Industriellenvereinigung zur „Presse“. Vor allem die heimischen Zulieferer für die Automobilbranche müssen daher bis kommende Woche bangen.
Voestalpine-Chef Wolfgang Eder sah in den Strafzöllen „keine wirtschaftliche Bedrohung“ für das Unternehmen. Auch Amag-Finanzvorstand Gerald Mayer will keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Bliebe es bei einer reinen Erhöhung der Zölle, wäre die Lage „nicht so dramatisch“. Lässt Washington aber nur noch eine bestimmte Menge an Aluminium und Stahl ins Land, „hätten wir am wenigsten Freude“.
3. Wie reagiert China, der vermeintliche Auslöser des Handelsstreits?
Seit Jahren flutet die Volksrepublik mit hoch subventioniertem Stahl die Weltmärkte und diente Donald Trump damit als Hauptgrund für die Verhängung von Strafzöllen. Peking selbst reagierte auf die Ankündigung aber gelassen. Das hat einen Grund: China ist auf den US-Stahlmarkt nicht angewiesen. Die USA beziehen ihren Stahl in erster Linie aus Kanada, der EU, Brasilien oder Mexiko. Dennoch wertet Peking die Schutzzölle als Kampfansage und arbeitet bereits an Vergeltungsmaßnahmen. Wahrscheinlich wird China zunächst Importzölle auf US-Agrarprodukte wie Sojabohnen verhängen. China ist einer der wichtigsten Abnehmer der US-Landwirte.
4. Welche Auswirkungen hat die Ankündigung Trumps auf die Börsen?
Die US-, die asiatischen und die europäischen Börsen sind deutlich abgerutscht. Der Agentur Moody's zufolge hätten Strafzölle schlimme Auswirkungen für die Stahlindustrie, aber auch für US-Unternehmen, die auf Stahl und Aluminium angewiesen sind. So reagierten die Aktien des Flugzeugherstellers Boeing und des Baumaschinenherstellers Caterpillar besonders negativ auf Trumps Ankündigung. In Europa fiel der seit Wochen angeschlagene DAX auf ein Zwölfmonatstief. Die Thyssen-Krupp-Aktie war zeitweise so billig zu haben wie zuletzt 2016.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2018)