Strafzölle: "Schwerer Angriff" auf internationale Handelsordnung

Schwerindustrie in Trinec Walzstahl Tschechien Schlesien Trinec heavy industry in Trinec Czech
Schwerindustrie in Trinec Walzstahl Tschechien Schlesien Trinec heavy industry in Trinec Czechimago/blickwinkel
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Vor allem die deutsche Wirtschaft fürchtet nach der Verhängung der Strafzölle das Schlimmste. Deutschland betrachte er nicht als wirklichen Freund der USA, sagte US-Präsident Trump.

Die deutsche Wirtschaft fürchtet nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump für Importzölle bei Stahl und Aluminium eine Eskalation des Handelsstreits mit unabsehbaren Folgen. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Donnerstag im Weißen Haus im Beisein von Stahlarbeitern zwei Proklamationen. Demnach treten in 15 Tagen Zölle in Höhe von 25 Prozent auf eingeführten Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium in Kraft. Trump kündigte ferner an, "Spiegel-Steuern" einführen zu wollen. Das heißt: gleiche Steuersätze für gleiche Produkte im gegenseitigen Warenverkehr. "Wenn wir ein Auto nach China liefern, zahlen wir 25 Prozent. Für ein chinesisches Auto, das zu uns kommt, verlangen wir 2,5 Prozent - das muss sich ändern", so Trump. "Amerikanische Unternehmen werden nicht fair behandelt."

Die deutsche Regierung hat die Schutzzölle als "rechtswidrig" bezeichnet. Die Maßnahme habe nichts mit der nationalen Sicherheit der USA zu tun, sondern diente rein wirtschaftlichen Interessen, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. Sie seien mit WTO-Recht nicht vereinbar. Die EU werde eine gemeinsame, deutliche Antwort finden. "Wir sind dabei, die Antwort zu finden." Eine "Eskalationsspirale" könne allen schaden. "Zölle treffen in erster Linie die Verbraucher."

"Gefährlicher Irrweg"

Der deutsche Außenhandelspräsident Holger Bingmann äußerte sich am Donnerstagabend "bitter enttäuscht" von Trump. "Jetzt kann man nur hoffen, dass niemand überreagiert", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei aber zu befürchten, dass nun "Dinge ins Rollen kommen, die wir uns nicht wünschen". Trumps Handeln untergrabe das Vertrauen in die USA als verlässlichen Partner, klagte Bingmann. Damit füge er seinem eigenen Land massiven Schaden zu. "Wir raten dringend zur Besonnenheit", unterstrich er.

Die EU sollte gemeinsam mit internationalen Partnern bei der WTO Klage erheben, forderte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben. Dabei sei Augenmaß wichtig, warnte Wansleben . Eine Eskalation mit gegenseitigen Strafzöllen gelte es auf jeden Fall zu vermeiden. Mit dem verstoß gegen die WTO-Regeln würden die USA "vom Paulus zum Saulus". Die USA schadeten nicht nur dem Welthandel, sondern auch sich selbst.

Ifo-Chef Clemens Fuest hat die Strafzölle als "gefährlichen Irrweg" bezeichnet. "Die EU sollte mit begrenzten Strafzöllen antworten, aber gleichzeitig auf die USA zugehen und anbieten, bei einem Verzicht auf US-Strafzölle über eine weitere Öffnung des EU-Marktes für US-Produkte zu verhandeln", sagte der Fuest am Freitag.

Trump greift Deutschland an

Der EU-Außenpolitiker David McAllister sprach in den Zeitungen der Funke Mediengruppe von einer "Belastungsprobe" für die transatlantischen Beziehungen. "Wir sollten jetzt umsichtig vorgehen und alles tun, um eine Eskalation des Handelsstreits und schon gar einen Handelskrieg zu vermeiden", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament.

Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump gegen unfaire Praktiken anderer Länder gewettert - und griff dabei nicht China an, sondern Deutschland. Er betrachte Deutschland nicht als wirklichen Freund der Vereinigten Staaten. In einer Kabinettssitzung hatte Trump heftig darüber geklagt, dass die USA seit Jahren beim Handel und in der Verteidigung "enorm ausgebeutet" würden - und dabei sogleich die Deutschen genannt. Deutschland gebe nur "ein Prozent" seines Bruttoninlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung aus, die USA hingegen 4,2 Prozent: "Das ist nicht fair."

Dass er Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern wie Kanada und Mexiko zumindest vorerst nicht von den Strafzöllen verschonen will, begründete der US-Präsident also gar nicht mal in erster Linie mit den deutschen Stahl- und Aluminiumexporten in die USA. Er machte klar, dass die Deutschen nicht zuletzt dafür bestraft werden sollen, dass sie nicht genügend Geld für die Verteidigung ausgeben. Bei den Strafzöllen wolle er "große Flexibilität und Kooperation" gegenüber solchen Ländern zeigen, so Trump. In der Kabinettsrunde machte er dann klar, dass Deutschland für ihn nicht zu diesen "wahren Freunden" zählt.

Voestalpine: Nur drei Prozent des Umsatzes betroffen

"Um einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden, sollte die EU ihre Autozölle von zehn Prozent auf die 2,5 Prozent senken, die die USA derzeit erheben", sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, der "Rheinischen Post". Bereits zuvor hatten zahlreiche Wirtschaftsführer und Politiker erklärt, ein internationaler Handelskonflikt werde allen Beteiligten schaden und keinen Sieger hervorbringen.

Die heimische Voestalpine sieht sich von den US-Schutzzöllen kaum bedroht. Der Konzern tätige etwa zwei Drittel seiner US-Umsätze von rund 1,2 Milliarden Euro als lokaler Erzeuger vor Ort und sei daher größtenteils von den geplanten Maßnahmen nicht direkt berührt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. In wieweit die übrigen Umsätze betroffen seien, werde noch geprüft. Es könnten aber nur etwa drei Prozent des Konzernumsatzes von den US-Zöllen berührt sein. Das wirtschaftliche Risiko sei damit selbst in einem Extremfall sehr überschaubar. Dennoch nimmt die Strafzölle zum Anlass, geplante Investitionen in Nordamerika zu hinterfragen.

"Trotz der nur eingeschränkten Auswirkungen der Strafzölle auf unseren Konzern, veranlasst uns die aktuelle Vorgangsweise der US-Administration dazu, alle geplanten weiteren Investitionen in Nordamerika einer kritischen Überprüfung in Bezug auf ihre wirtschaftliche und politische Sinnhaftigkeit zu unterziehen", wird voestalpine-CEO Wolfgang Eder zitiert. In den vergangenen Jahren hat die voestalpine 1,4 Mrd. Dollar (1,13 Mrd. Euro) in den USA investiert. 3.000 Arbeitsplätze seien daraus entstanden. 

Kritik kommt auch vom Branchenverband der deutschen Stahlindustrie. "Mit diesem klar protektionistischen Eingriff in den internationalen Handel verschafft die US-Regierung ihrer Stahlindustrie unfaire Wettbewerbsvorteile", sagte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Streicheleinheiten für China

Gegenüber China schlug Trump versöhnlichere Töne an. "Wir verhandeln jetzt mit China. Wir sind inmitten großer Verhandlungen", sagte der US-Präsident am Donnerstag, während er im Weißen Haus die neuen Strafzölle besiegelte. Er wisse allerdings noch nicht, was bei den Verhandlungen mit China herauskomme. China sei "sehr kooperativ" gewesen und er habe "großen Respekt" vor Chinas Präsident Xi Jinping.

"Wir werden das Defizit auf die eine oder andere Weise senken", sagte Trump weiter. Die USA hätten ein Handelsdefizit mit China in Höhe von "mindestens 500 Milliarden Dollar (403 Mrd. Euro) ". Mit Blick auf Verluste beim geistigen Eigentum sei es noch "viel höher". Den Zahlen des Handelsministeriums zufolge lag das Handelsdefizit bei Waren 2017 hingegen bei 375,2 Milliarden Dollar - so hoch wie noch nie. Allerdings erreichten auch die US-Exporte nach China im vergangenen Jahr mit 130,4 Milliarden Dollar ein neues Rekordhoch.

China hingegen hat die Strafzölle stark kritisiert. Sie seien ein "schwerer Angriff" auf die internationale Handelsordnung, schrieb das Pekinger Handelsministerium am Freitag in einer Mitteilung. China werde "wirksame Maßnahmen" ergreifen und seine legitimen Rechte und Interessen verteidigen.

Malmström: Reaktion könnte monatelang dauern

Die Reaktion der Europäischen Union auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle könnte nach den Worten von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström monatelang auf sich warten lassen. Von dem Moment an, in dem die US-Zölle in Kraft treten, habe die EU 90 Tage lang Zeit, sagte Malmström am Freitag in Brüssel.

Die EU plane eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO), sagte Malmström weiter. Außerdem würden Schutzmaßnahmen für den eigenen Stahl- und Aluminiumsektor geschaffen werden. Und schließlich sei die bekannte Liste mit US-Produkten in Arbeit, auf die Zölle verhängt werden könnten. "Wir hoffen, das wird nicht nötig."

Auf der vorläufigen Liste der EU-Kommission, die aber noch unter den Mitgliedstaaten abgestimmt werden muss, stehen bereits rund 200 US-Waren, die ihrerseits mit Zöllen belegt werden könnten. 2017 betrug der Gesamtwert dieser von den USA nach Europa eingeführten Produkte rund 2,8 Milliarden Euro. Die Waren werden vor allem in für US-Wahlen wichtigen Schlüsselstaaten hergestellt.

"Was der US-Präsident gestern gesagt hat, ist nicht glasklar", sagte Malmström weiter. Sie wolle daher weitere Informationen einholen. Am Samstag wolle sie mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lightizer sprechen. Sie sei nach wie vor der Meinung, dass die EU von den US-Maßnahmen ausgenommen werden sollte.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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