Ein Sieg der US-Autobauer, der sich rächen könnte

Die Umweltbehörde EPA kippt die unter Obama fixierten Spritverbrauchsregeln.
Die Umweltbehörde EPA kippt die unter Obama fixierten Spritverbrauchsregeln.REUTERS
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Die Umweltbehörde EPA kippt die unter Obama fixierten Spritverbrauchsregeln. Kalifornien will sich das Recht zu strengeren Standards aber nicht nehmen lassen. Damit drohen Klagen, Unsicherheit und teures Flickwerk.

Wien/Washington. Es war zu erwarten, aber dennoch ist der Aufschrei laut. Scott Pruitt, der von Präsident Trump eingesetzte Leiter der US-Umweltbehörde EPA, lässt die von der Obama-Administration fixierten Benzinverbrauchsregeln „überarbeiten“, weil er sie für „falsch“, „unangemessen“ und zu hoch hält. Damit erfüllt Pruitt, der eine von Menschen verursachte Erderwärmung leugnet und Klimaschutzmaßnahmen ablehnt, die Wünsche der Autobauer und der Ölindustrie – was eine juristische Schlacht auslösen dürfte.

Die Vorgeschichte: In der Finanzkrise mussten General Motors und Chrysler mit Steuermitteln gerettet werden. Die Autoindustrie war zu Dank verpflichtet. Das gab 2011 US-Präsident Obama eine starke Position in den Verhandlungen über strengere Vorgaben für den Spritverbrauch. Die künftig zu erreichenden Werte wurden an die Ziele in Japan und China angepasst; nur die europäischen Standards sind noch höher. Allerdings schafften es die Produzenten, die meisten Auflagen zeitlich nach hinten zu verschieben.

Eilig fixiert, eilig geändert

Deshalb beeilte sich Obama, noch acht Tage vor der Amtsübergabe die Vorgaben für 2022 bis 2025 unter Dach und Fach zu bringen. Demnach soll der Verbrauch im Schnitt bis 2025 auf umgerechnet 4,3 Liter pro 100 Kilometer sinken.

Schon vier Tage nach dem Einzug Trumps ins Weiße Haus standen die Chefs aus Detroit vor der Tür. Sie warnten vor dem Verlust von einer Million Jobs, sollten die neuen Standards in Kraft treten. Auch ein Umweltargument hatten sie parat: Verteuern sich ihre Autos durch die kostspieligen Innovationen, die zur Erhöhung der Energieeffizienz nötig sind, dann werden die Amerikaner den Kauf eines neuen Wagens aufschieben und länger mit ihren alten Benzinfressern fahren.

Doch der Jubel über den nun errungenen Sieg fällt erstaunlich leise aus. Ford und Honda erklärten zuletzt sogar, sie wollten gar keine Lockerung der Regulierung, nur zusätzliche Flexibilität (schon bisher können Autobauer für mehr verkaufte E-Fahrzeuge oder sparsamere Kühlmittel für die Klimaanlage Punkte sammeln und damit nicht erreichte Spritziele kompensieren). Der Grund: Die EPA legt sich auch mit Kalifornien an, was die Autoindustrie teuer zu stehen kommen könnte. Der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat darf seit 1971 eigene Umweltauflagen festlegen. Dieses Vorrecht will Pruitt den Kaliforniern nun nehmen. Denn sie wollen an den Obama-Vorgaben, die sie mitverhandelten, unbedingt festhalten. Zwölf weitere US-Staaten halten sich an das kalifornische Vorbild, zusammen machen sie über ein Drittel des US-Automarktes aus.

Kalifornien will klagen. Prozesse dauern lange. Die Hersteller müssen ihre Modelle für 2022 aber schon bald vorbereiten. Damit droht ihnen nicht nur Unsicherheit, sondern auch ein logistisches Chaos und hohe Kosten, wenn sie ihre Maschinen auf zwei verschiedene Standards einstellen müssten. Die Lobbying-Kanone könnte also nach hinten losgehen.

Setzt sich freilich Washington in der Kraftprobe durch, geraten die Klimaziele für den Straßenverkehr weltweit ins Wanken: Kanada, Mexiko, Australien und Saudiarabien sind bisher Amerikas Regeln treulich gefolgt. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2018)

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