Die neuen EU-Vorgaben zur Eindämmung des krebserregenden Stoffes Acrylamid sind in Kraft getreten. Freiwillige Maßnahmen brachten nicht den erwünschten Erfolg.
Lebensmittelhersteller sowie Restaurants und Imbissbetriebe müssen ab Mittwoch neue EU-Vorgaben zur Eindämmung des als krebserregend geltenden Stoffes Acrylamid einhalten. Diese Regelungen sehen unter anderem vor, ein übermäßiges Frittieren von Pommes frites zu vermeiden und Brot möglichst hell zu backen. Zudem müssen Produkte künftig bereits so hergestellt werden, dass bei ihrer Zubereitung so wenig Acrylamid wie möglich entstehen kann. Acrylamid bildet sich unter hohen Temperaturen beim Rösten, Backen, Braten oder Frittieren von stärkehaltigen Lebensmitteln aus der Aminosäure Asparagin und aus Zuckern. Betroffen sind vor allem Produkte auf Kartoffel- oder Getreidebasis sowie Kaffee.
Um den Acrylamidgehalt niedrig zu halten wird Konsumenten unter anderem empfohlen, die Frittierzeit von Kartoffelprodukten auf etwa dreieinhalb Minuten zu begrenzen und die Fritteuse auf höchstens 175 Grad Celsius einzustellen. Bei der Zubereitung im Backofen bestehe im Vergleich zum Frittieren eine größere Gefahr der Acrylamidbildung.
Marktamt: "Werden nicht mit Farbtabelle herumlaufen"
Die Kontrolle vor Ort übernehmen dabei in der Regel die lokalen Lebensmittelüberwachungs- oder Veterinärämter. In Wien ist die MA 59 (Marktamt) zuständig. Marktamtssprecher Alexander Hengl sagte gegenüber der APA, dass die Umsetzung der EU-Richtlinie adäquat wie jene der Allergenverordnung Ende 2014 erfolgen werde: Eine etwaige Bestrafung bei Verstößen wird es also anfangs noch nicht geben, sondern das Marktamt wird den Betrieben in den ersten zwei Monaten beratend zur Seite stehen.
Eines werde dabei jedenfalls nicht passieren, "wir werden nicht mit einer Farbtabelle herumlaufen", betonte Hengl. Vielmehr werde man bei den gezogenen Proben neben den bisher vorgenommenen Kontrollen nun noch einen zusätzlichen Wert untersuchen, nämlich jenen des Acrylamidgehalts.
Ob die Verordnung Erfolg hat, soll in den kommenden Jahren anhand von Richtwerten überprüft werden. Sie sollen regelmäßig von der EU-Kommission überprüft werden.
Übeltäter Pommes und Lebkuchen
Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat im Zeitraum 2007 bis 2015 Lebensmittel in Österreich auf deren Acrylamid-Gehalte überprüft. Die Aufnahme der Substanz bei Erwachsenen (18 bis 64 Jahre) erfolgte demnach anteilsmäßig zu 27 Prozent durch Chips (15 Prozent durch Pommes). Beim größten Anteil an der Gesamtexposition über Lebensmittel folgte Lebkuchen mit 18 Prozent. Bei der Aufnahme im Falle von Kindern (sechs bis neun Jahre) waren Kartoffelchips sogar zu 30 Prozent der Hauptlieferant (Pommes lagen bei 20 Prozent).
Nach zwei Jahren Pause verleiht die deutsche Verbraucherorganisation Foodwatch heuer wieder ihren Negativpreis "Goldener Windbeutel". Gekürt wird die "dreisteste Werbelüge" des Jahres, fünf Produkte standen zur Wahl. Foodwatch
Der Negativpreis geht an Babynahrungshersteller Alete mit seinem "Kinderkeks". Foodwatch kritisiert, dass die Kekse als "babygerecht" angepriesen werden, obwohl sie 25 Prozent Zucker enthalten. "Sie sind damit alles andere als babygerecht, sondern fördern Karies" lautete die Begründung von Foodwatch. Die WHO empfiehlt für Babys explizit Produkte ohne zugesetzten Zucker. Alete mit Sitz im hessischen Bad Homburg wollte den Preis nicht annehmen. Geschäftsführer Peter Hüttmann kündigte an, die Rezeptur des Kekses zu überarbeiten. Dies geschehe unabhängig von dem Negativpreis, sagte Hüttmann. Das veränderte Produkt komme 2018 auf den Markt. Außerdem will das Unternehmen das von Foodwatch kritisierte Wort "babygerecht" von der Packung streichen. Foodwatch
Von der Firma Bauer setzte Foodwatch den "Protein Drink Vanille" auf die Liste. Das Getränk sei 50 Prozent teurer als andere Vanillemilch, "dabei ist das zugesetzte Protein völlig überflüssig und nur ein profitabler Marketing-Trend", kritisierte die Verbraucherorganisation. Bauer erklärte auf Anfrage, das Getränk erfülle den Wunsch der Verbraucher nach "proteinreichen Trendprodukten" und halte die gesetzlichen Vorschriften zur Produktkennzeichnung ein. Foodwatch
Das "Urlegenden Müsli Quinoa, Apfel, Cranberries & Chia-Samen" der Firma Kellog's steht ebenfalls zur Wahl für den "Windbeutel". Das Müsli enthalte nur 2,5 Prozent "Urkorn" in Form von Quinoa, dafür aber 20 Prozent Zucker, Palmöl, Aroma und Zusatzstoffe. "Alles andere als ursprünglich", kommentierte Foodwatch. Kellog's erklärte, das Unternehmen müsse die Vorwürfe zunächst prüfen. Foodwatch
Für den diesjährigen "Windbeutel" nominierte Foodwatch auch "Lacroix Gebundene Ochsenschwanz Suppe" von Continental Foods. Eines suche man in der Ochsenschwanzsuppe vergeblich: Ochsenschwanz. Das Unternehmen erklärte, dass "aus Qualitätsgründen" kein Ochsenschwanz enthalten sei, weil dieser häufig knorplig und sehnendurchwachsen sei. Nur zusätzliche Bezeichnungen wie "original" oder "klassische Ochsenschwanzsuppe" setze die Verwendung von Ochsenschwanz voraus. Foodwatch
Schließlich stand noch das "Becel Omega-3 Pflanzenöl" von Unilever auf der Liste. Das Unternehmen werbe damit, dass das Öl "3x mehr Omega-3 als Olivenöl" enthalte. Der Vergleich ist laut Foodwatch irreführend, denn Olivenöl enthalte naturgemäß nicht besonders viele Omega-3-Fettsäuren. Unilever erklärte, das Becel Omega-3 Pflanzenöl sei ein hochwertiges Pflanzenöl; alle wichtigen Informationen zum Produkt fänden sich auf der Verpackung. Das Unternehmen kritisierte Foodwatch scharf: "Mit der sogenannten Verleihung des goldenen Windbeutels greift Foodwatch deutsche Markenprodukte an, die allen nationalen und europäischen Gesetzen und Vorgaben entsprechen." Foodwatch
In diesem Jahr vergab Foodwatch den Negativpreis zum siebenten Mal. Beim letzten Mal 2014 wählten Verbraucher "Alete Trinkmahlzeiten" zur "Werbelüge des Jahres". Die Wahl für den "Goldenen Windbeutel" lief bis zum 26. November; Verbraucher konnten online abstimmen. >>> zur Abstimmung auf "Foodwatch" Foodwatch
"Goldener Windbeutel" für dreisteste Werbelüge: Negativpreis für Alete