Im Schatten des US-Wahlkampfs

Die Stiftung des Multimilliardärs Bill Gates und die Weltbank arbeiten seit Langem eng zusammen
Die Stiftung des Multimilliardärs Bill Gates und die Weltbank arbeiten seit Langem eng zusammenREUTERS (YURI GRIPAS)
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Bei der Frühjahrstagung von Weltbank und IWF traf Finanzminister Hartwig Löger unter anderem Microsoftgründer Bill Gates. In den USA ist der Wirtschaftsgipfel ein Randthema.

Ob Bill Gates tatsächlich nach Salzburg kommen wird, ist noch nicht sicher. Fest steht, dass er am Freitag in Washington von Finanzminister Hartwig Löger im Namen der Bundesregierung nach Salzburg eingeladen worden ist. Löger hatte den Microsoft-Gründer am Rande der Frühjahrstagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington getroffen. Gates hatte mit Weltbank-Präsident Jim Yong Kim eine neue Initiative für Afrika präsentiert. Unter den knapp 30 Gästen war auch Löger. Immerhin übernimmt Österreich in zwei Monaten den EU-Ratsvorsitz.

Die Stiftung des Multimilliardärs Bill Gates und die Weltbank arbeiten seit Langem eng zusammen. Vor allem wenn es darum geht, in Afrika bessere Rahmenbedingungen herzustellen. Die Gates-Stiftung investiert jedes Jahr Milliarden in Bildungseinrichtungen und Gesundheitsversorgung. Nur so sei es möglich, mittelfristig eine Basis für Arbeitsplätze und Stabilität in Afrika zu schaffen. Finanzminister Löger will nun auch gezielte Projekte mit österreichischen Firmen in Afrika initiieren, sagte er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. „Das Geld ist vor Ort besser investiert“, ist der Finanzminister überzeugt. Um Wirtschaftsmigration zu begegnen, müssen Perspektiven in Afrika geschaffen werden.
Das beherrschende Thema beim Frühjahrstreffen war allerdings der drohende Handelskrieg zwischen den USA und China und dessen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Der Chef der Welthandelsorganisation (WTO) Roberto Azevedo hat davor gewarnt, dass der von US-Präsident Donald Trump befeuerte Handelsstreit bei einer Eskalation das weltwirtschaftliche Wachstum abwürgen könnte. Die Spannungen im Handel seien eine der größten Bedrohungen für den globalen Aufschwung, sagte Azevedo vor dem IWF-Lenkungsausschuss IMFC.

Es bestehe die Gefahr, dass sich dieser Konflikt zu einem Schlagabtausch über Handelsbeschränkungen zwischen einzelnen Staaten auswachse, der Unsicherheiten für den globalen Handel und das weltweite Wachstum schaffen würde.

Unter dem Konflikt zwischen den beiden größten Wirtschaftsnationen würden am Ende vor allem die ärmsten Länder leiden, meint Azevedo. Gegen solche Gefahren helfe nur eine weltweite Kooperation. In diesem Prozess sieht sich die WTO in einer Schlüsselrolle. Ohne die Institution, die sich selbst als Wächterin des freien Welthandels begreift, wäre es womöglich schon im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 zu einer Protektionismus-Welle gekommen. Der Brasilianer Azevedo hält ein starkes, regelbasiertes, multilaterales Welt-Handelssystem für unabdingbar, um für Stabilität im Handel zu sorgen. Andererseits hat US-Präsident Donald Trump in der Vergangenheit mehrmals die WTO heftig kritisiert und der Welthandelsorganisation de facto die Existenzberechtigung abgesprochen.

Abendessen mit Lagarde

Bei einem informellen Abendessen mehrerer europäischer Finanzminister mit IWF-Chefin Christine Lagarde, an der auch Hartwig Löger teilnahm, wurde Freitagabend versucht, eine europäische Linie in dem Konflikt zu skizzieren. Europa befindet sich in einer Zwickmühle, die meisten EU-Länder treiben mehr Handel mit China als mit den USA – unter anderem auch Österreich. Nicht zuletzt deshalb waren Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz mit mehreren Ministern und einer großen Wirtschaftsdelegation im Schlepptau erst kürzlich in China.

Doch bei aller „Irrationalität“ Trumps, wie Löger es ausdrückt, sei die Kritik der Amerikaner am chinesischen Protektionismus durchaus berechtigt. Ausländische Unternehmen hätten in China bei Weitem nicht so viele Freiheiten, wie sie chinesische Konzerne in Europa und noch viel mehr in den USA genießen. Dennoch ist Löger davon überzeugt, dass Abschottung am Ende auch nicht im Interesse der amerikanischen Wirtschaft sein kann.

Wahlen im November

Vieles an der vermeintlichen „Irrationalität“ Trumps hat aber innenpolitische Hintergründe. Die USA befinden sich nämlich längst im Wahlkampf. Bei den sogenannten Midterm Elections am 6. November wird ein neues Repräsentantenhaus gewählt. Darüber hinaus ist auch ein Drittel der Senatssitze vakant, und in über 30 US-Bundesstaaten stehen Gouverneurswahlen an. Das Säbelrasseln auf dem internationalen Parkett dient Trump also auch dazu, seine Wähler bei der Stange zu halten. Traditionell verliert nämlich jene Partei die Zwischenwahlen, die den Präsidenten stellt.

„Die Republikaner könnten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren“, meint etwa Steven Billet. Trumps protektionistische Ausritte würden bei seinen Wählern ihre Wirkung nicht verfehlen, sagt der frühere Lobbyist, der nun an der George Washington Universität unterrichtet. „Aus den Republikanern ist eine protektionistische Partei geworden.“

Während man sich in der Weltbank und in der WTO die Köpfe über einen drohenden Handelskrieg zermartert, bereitet sich das Weiße Haus auf den Dienstag vor. Die Gärtner legen rot-weiß-blaue Blumenbeete an. Alles wartet auf Frankreichs Emmanuel Macron. Denn schließlich dient auch der große Staatsbesuch Trump als ideale Wahlkampfbühne im eigenen Land.


Der Autor war auf Einladung des Finanzministeriums in Washington.

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