Der große Stresstest für die Schwellenländer

Die Schwellenländer sind erwachsen geworden.
Die Schwellenländer sind erwachsen geworden.REUTERS
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Der US-Zinsanstieg bringt Währungen aufstrebender Staaten unter Druck. Aber nur in Argentinien und der Türkei ist der Wertverfall schon massiv und das Risiko einer Krise groß. Sind Schwellenmärkte sicherer geworden?

Wien. So vergeht der Ruhm der Welt: Kein Jahr ist es her, da konnte Argentinien mühelos eine hundertjährige Anleihe an den Mann bringen. Damit schien es nun zu einem kleinen Kreis von Ländern zu gehören, denen Investoren besonders vertrauen (wie Österreich). Heute kehrt die dunkle Vergangenheit brutal zurück: Der argentinische Peso stürzt ins Bodenlose, trotz Leitzinsen von 40 (!) Prozent. Die Kapitalgeber ergreifen die Flucht, die Regierung Macri muss den schweren Gang zum Internationalen Währungsfonds antreten. Nur vom IWF, den die Argentinier so hassen, bekommt ihr Staat noch Geld, und muss sich dafür harte Auflagen diktieren lassen. 2001 ließ sich der größte Staatsbankrott der Wirtschaftsgeschichte trotzdem nicht abwenden. Die Folgen waren: Verarmung des Mittelstands, viele Arbeitslose, eingefrorene Konten.

Ein Menetekel für die anderen Schwellenländer? Mit der Hauptursache für den Stimmungswandel haben sie alle zu kämpfen. Große Mengen an Kapital sind in die aufstrebenden Märkte geflossen. Auch auf der Suche nach fest verzinslichen Anlagen, die noch einen Ertrag abwerfen – in den Industriestaaten war durch die Nullzinspolitik der großen Notenbanken fast nichts mehr zu holen. Aber die US-Zentralbank Fed hat die Kehrtwende vollzogen. Im April überschritt die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen erstmals seit Jänner 2014 wieder die symbolisch wichtige Schwelle von drei Prozent. Kapital fließt wieder nach Amerika und in den Dollar zurück. Die Währungen in den Schwellenländern verlieren an Wert, von Mexiko bis Indonesien, von Polen bis Südafrika. Aber einen wirklich dramatischen Absturz haben bisher nur Argentinien und die Türkei erlebt. Und die großen Vermögensverwalter preisen weiterhin die Anlagemöglichkeiten in den Hoffnungsmärkten.

Warum? Die Schwellenländer sind erwachsen geworden. In der Regel gilt: Die früher oft zweistelligen Inflationsraten sind im Griff, ebenso die Leistungsbilanzen. Staat und Private müssen sich nicht mehr im Dollar oder anderen Fremdwährungen verschulden. Sie haben es geschafft, lokale Anleihemärkte in eigener Währung aufzubauen. Das macht sie weniger verwundbar. Früher lief die typische Schwellenlandkrise so ab: Der Wechselkurs bricht ein, Importe werden viel teurer, die ohnehin zu starke Inflation gerät ganz außer Kontrolle, die Wirtschaft stürzt ab. Die Dollarschulden verteuern sich durch den schlechteren Kurs so stark, dass sie nicht mehr zu bedienen sind. Am Ende stehen Rettungspakete oder die Pleite. Heute müssen die Notenbanken nicht mehr hektisch eingreifen, um Währungskursrückgänge mit allen Mitteln zu stoppen. Die Robustheit macht gelassen.

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