Die Blockchain fährt Containerschiff

Der Schifffahrtgigant Maersk will via Blockchain Geld bei Versicherungen sparen.
Der Schifffahrtgigant Maersk will via Blockchain Geld bei Versicherungen sparen.(c) REUTERS (Aly Song)
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Kryptowährungen kennen wir schon. Die Blockchain ist der Hype der Stunde. Auch Microsoft glaubt an das Potenzial: für Transport, Versicherungen, Banken und ganze Staaten.

Wien. Auf dem Weg von A nach B kann viel schiefgehen. Containerschiffe können vom Sturm getroffen werden. Oder von Piraten. Deswegen braucht es Transportversicherungen. Aber diese sind teuer. Der Markt hat ein jährliches Volumen von rund 30 Mrd. Dollar. Der dänische Schifffahrtgigant Maersk hat jetzt gemeinsam mit Microsoft und mehreren Versicherungsfirmen ein neues System getestet. Auf Basis einer Blockchain. Natürlich.

Überall dort, wo Transaktionen gemacht, Assets gehandelt oder Prozesse von mehreren Organisationen geteilt werden, ist die Blockchain gerade Thema. Seit dem Aufstieg der Kryptowährung Bitcoin ist sie das Buzzwort Nummer eins. „Man muss aber das Thema Blockchain und das Thema Kryptowährungen extrem auseinanderhalten“, sagt Hermann Erlach, Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich und Digital Transformation Lead: „Bitcoin war der erste Anwendungsfall. Die Blockchain setzt sich jetzt in allen Bereichen durch.“

Aber wie schnell wird das geschehen? Was ist real, was nur Hype? Gemeinsam mit den WU-Ökonomen Shermin Voshmgir und Guido Schäfer wird Erlach am Dienstag, den 5. Juni, diese Fragen erörtern – bei der Vortragsreihe „Wirtschaft Wissenschaft Unplugged“. Geht es nach Erlach, stehen wir noch ganz am Anfang. „Die Blockchain ist ungefähr da, wo das Internet im Jahr 2000 war. Da hat sich auch keiner vorstellen können, dass es einmal Netflix geben wird.“ Was eine Blockchain überhaupt ist? „Ein Ansatz, um Informationen miteinander zu vernetzen. Eine dezentral organisierte Datenbank, die von mehreren Parteien gleichzeitig verwendet werden kann.“ Die Informationen (etwa Transaktionen) werden in Blöcke geschrieben, die aneinandergehängt werden. In fixen Intervallen (bei Bitcoin sind es zehn Minuten) müssen die Teilnehmer einem neuen Stand der Dinge zustimmen. „Es wird nichts überschrieben, nur hinzugefügt. So ist alles immer nachvollziehbar“, sagt Erlach. Überall dort, wo es um Geld und Vertrauen gehe, könne die Blockchain eingesetzt werden. Und Microsoft wolle mit seinem Cloud-Dienst Azure die notwendige Infrastruktur bereitstellen. Rund zehn Milliarden Dollar an Investitionen steckt der US-Riese jedes Jahr in seine Cloud-Services.

Damit die junge Technologie sich entwickeln kann, brauche es aber Standards für die Industrie, sagt Erlach. Microsoft sitzt deshalb in mehreren Konsortien, in denen Unternehmen gemeinsam solche Standards erarbeiten. Etwa im Quorum-Konsortium, das von der US-Großbank JP Morgan ins Leben gerufen wurde.

Schneller zum Konto

Grundsätzlich könne die Blockchain-Technologie in Zukunft helfen, Ineffizienzen zu bekämpfen. Etwa bei der Versicherung von Schiffscontainern, bei der Betrugsbekämpfung – und im Finanzwesen. Viel habe auch mit der Dokumentation von Identität in einer digitalen Welt zu tun, so Erlach. Auch hier hat Microsoft gerade ein Pilotprojekt gemeinsam mit Accenture und der UNO am Laufen.

Milliarden von Menschen könnten via Blockchain erstmals Ausweisdokumente erhalten und so Zugang zu staatlichen oder finanziellen Dienstleistungen bekommen. „Ein Bank braucht heute zwölf Tage, um die Identität und die Polizeiakte eines neuen Kunden zu überprüfen. Banken beschäftigen Tausende Leute nur zum Datenabgleich. All das kann und wird schneller gehen“, so Erlach.

VERANSTALTUNGSHINWEIS

Wirtschaft. Wissenschaft. Unplugged. Ist eine Veranstaltungsreihe der „Presse“ in Kooperation mit WU Wien und Erste Bank. Am 5. Juni diskutieren Shermin Voshmgir und Guido Schäfer (beide WU) mit Hermann Erlach (Microsoft) über Blockchain und Kryptowährungen. Beginn: 18 Uhr; Ort: Festsaal 1, Campus WU. Der Eintritt ist frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2018)

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