Standort: Speed-Dating der Regierung mit Investoren

Womit offizielle Österreicher immer Eindruck schinden können, ist imperialer Glanz.
Womit offizielle Österreicher immer Eindruck schinden können, ist imperialer Glanz.(c) APA/HELMUT FOHRINGER GER)
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100 Topmanager aus 14 Ländern sollten im Schloss Schönbrunn von den Vorzügen Österreichs überzeugt werden – auch in Vieraugengesprächen. Aktuell verkünden ließen sich drei Investitionen um 150 Mio. Euro.

Wien. Um vier am Nachmittag wurde es dann ernst. Da waren die großen Reden auf der Konferenz „Invest in Austria“ geschwungen. Kanzler Kurz und vier seiner Minister stellten sich in Einzeltreffen den rund 100 Topmanagern aus Europa, Asien und Amerika. Vier Stunden lang versuchte etwa Infrastrukturminister Norbert Hofer, Investoren „für Österreich zu begeistern“. Die Umworbenen wechselten im Zwanzig-Minuten-Takt.

Speed-Dating nennt man ein solches Gesprächsformat im Jargon des Liebes- und Heiratsmarktes. Und die Ähnlichkeit erschöpfte sich nicht im Formalen. Zumindest Heinz-Christian Strache führte auch emotionale Argumente ins Treffen: „Wer verliebt sich nicht in dieses wundervolle Land!“ – und vor allem in den „Charme seiner Bevölkerung“. Davon schwärmte der Vizekanzler jedenfalls bei der Pressekonferenz zu Beginn.

Vom eigentlichen Geschehen wurden die Journalisten sorgsam ferngehalten. Von ihnen befragte Gäste hätten sich ja kritisch äußern und damit die Jubelmeldungen trüben können. Dabei waren unter den Firmen aus der Ferne ganz große Kaliber, wie Huawei, General Electric, LG oder Microsoft.

Womit offizielle Österreicher immer Eindruck schinden können, ist imperialer Glanz. Also organisierte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck das Event im Schloss Schönbrunn. Wenn auch nur im Apothekertrakt, was weniger tolle Assoziationen weckt. Krankt der Standort, braucht er Medizin? „Leider Gottes sind wir immer mehr vom Radar mancher Investoren gerutscht“, beklagt Kurz Versäumnisse seiner Vorgänger. Zu hohe Steuern, zu viel Bürokratie, aber auch „zu wenig Werbung“. Letzteres lässt sich am leichtesten korrigieren.

Mehr Jobs für Wien und Linz

Verkünden konnte man schon vorab aktuelle Investitionen von drei ausländischen Firmen. Das Schweizer Pharmaunternehmen Octapharma will in Wien 62 Mio. Euro investieren. Der deutsche Maschinenbauer Trumpf steckt 48 Mio. Euro in sein Werk in Pasching bei Linz; langfristig sollen dort bis zu 400 neue Arbeitsplätze entstehen. Und der holländische Cloud-Anbieter Interxion setzt für seine Wiener Rechenzentren 40 Mio. ein. Macht also in Summe 150 Mio. Euro, zum Mitschreiben.

Was wohl Finanzminister Hartwig Löger versprochen hat? Weniger Körperschaftsteuer? Kurz weicht dem Thema aus, „Steuern sind nicht die einzige Frage“, es gehe „um den Mix“. Dass die Regierung schon mit einer ihrer ersten Wirtschaftsreformen, der Möglichkeit zum Zwölf-Stunden-Tag, arg in Bedrängnis gerät, liege an den Sozialpartnern: „Angstmache“ sei ebenso falsch wie „Jubelgeschrei“ – wohl ein Seitenhieb auf das breit kritisierte Werbevideo der Wirtschaftskammer. Stärker legt sich Strache ins Zeug: In seiner Zeit als Zahntechniker wäre er über flexiblere Arbeitszeiten „froh gewesen“. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2018)

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