IHS: Wirtschaft wächst bis 2022 um 1,9 Prozent pro Jahr

Experten des IHS erwarten eine Fortsetzung des Aufschwungs, aber mit merklich weniger Tempo. Die Arbeitslosigkeit werde weiter sinken, heißt es.

Österreich ist derzeit in einer Hochkonjunkturphase. Im kommenden Jahr dürfte sich die heimische Konjunktur nach Einschätzung des IHS etwas abkühlen und die Wirtschaft auf einen soliden Wachstumskurs einschwenken. Für 2018 bis 2022 prognostizieren die IHS-Experten ein jährliches Wachstum von 1,9 Prozent, nach 1,3 Prozent in den vergangenen fünf Jahren.

Österreichs Wirtschaft würde damit von 2018 bis 2022 etwas stärker wachsen als der Euroraum mit prognostizierten 1,7 Prozent, so das IHS in seiner am Mittwoch veröffentlichten mittelfristigen Prognose. Der Aufschwung sollte sich in den kommenden Jahren fortsetzen, aber mit merklich geringerem Tempo. Die Exportnachfrage und der private Konsum stützten die Konjunktur. Der Prognose liege die Erwartung einer weiter soliden Expansion der Weltwirtschaft zugrunde. Die Abwärtsrisiken hätten im Vergleich zur vorjährigen Mittelfristprognose aber merklich zugenommen. Das zentrale Risiko sei eine Eskalation des Handelskonflikts. Als weiteres Prognoserisiko sehen die Experten die wirtschaftlichen Folgen des Brexit.

Beim öffentlichen Haushalt ermöglichten die Konjunktur und die niedrigen Zinsen wohl einen positiven Saldo. Diese günstigen Rahmenbedingungen sollten für notwendige Strukturreformen im öffentlichen Sektor genutzt werden.

Die Arbeitsmarktlage dürfte sich aufgrund der guten Konjunktur weiter verbessern. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition sollte ausgehend von 8,5 Prozent auf 7,4 Prozent am Ende des Prognosezeitraums zurückgehen. Sie bleibe damit aber auf einem historisch hohen Niveau. Mit der Eintrübung der Konjunktur im Laufe des Prognosezeitraums werde das Beschäftigungswachstum zwar etwas an Tempo verlieren, mit einer durchschnittlichen Zunahme von 1 1/4 Prozent aber kräftig bleiben. Das Wachstum des Arbeitskräfteangebots dürfte sich aus demografischen Gründen verlangsamen.

Investitionsdynamik lässt nach

Das Wirtschaftswachstum prognostiziert das IHS für heuer mit 2,9 Prozent und für 2019 mit 1,7 Prozent. In den folgenden Jahren sollte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dann um durchschnittlich 1,7 Prozent steigen. Der private Konsum dürfte mit einem durchschnittlichen Wachstum von knapp 1 1/2 Prozent eine wesentliche Konjunkturstütze darstellen.

Die Investitionsdynamik werde sich merklich verlangsamen, aber solide bleiben. Das IHS erwartet ein durchschnittliches Wachstum der Anlageinvestitionen von 2 1/4 Prozent pro Jahr. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften dabei um 2 1/2 Prozent pro Jahr zulegen, die Bauinvestitionen mit 1 3/4 Prozent deutlich stärker steigen als in den vergangenen fünf Jahren.

Für den Welthandel wird - vorausgesetzt, dass es zu keiner weiteren Eskalation des Handelskonflikts kommt - eine durchschnittliche Ausweitung von 3 3/4 Prozent pro Jahr erwartet. Davon sollten auch die heimischen Exporteure profitieren. Bei den Ausfuhren wird ein durchschnittliches Wachstum von ebenfalls 3 3/4 Prozent prognostiziert (nach 2,8 Prozent im Zeitraum 2013 bis 2017), wobei die Warenexporte mit gut plus 4 Prozent etwas schneller wachsen sollten. Bei den Importen wird ein Plus von knapp 3 1/2 Prozent erwartet, nach gut 3 Prozent. Von der Außenwirtschaft gehe ein positiver Wachstumsbeitrag (0,4 Prozentpunkte pro Jahr) aus, so das IHS.

Der Preisauftrieb dürfte sich etwas verstärken. Für 2018 bis 2022 wird eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,0 Prozent erwartet, nach 1,5 Prozent in den vergangenen fünf Jahren.

Bei den öffentlichen Haushalten dürfte der Maastricht-Saldo des Gesamtstaates bis 2020 annähernd ausgeglichen sein, 2021 und 2022 könnten leichte Überschüsse von 0,3 bzw. 0,4 Prozent des BIP erzielt werden. Begrüßt wird vom IHS eine Verringerung der im internationalen Vergleich hohen Abgabenbelastung. Ansatzpunkte für weitere Reformen seien die Entlastung mittlerer Einkommen, Maßnahmen bei den Unternehmenssteuern sowie eine weitere Senkung der steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit. Dies müsste aber gegenfinanziert werden, da die Staatsverschuldung gesenkt werden soll und vor allem die Kosten der Alterung der Bevölkerung die öffentlichen Budgets mittelfristig belasten würden. Gegenwärtig wäre nach Einschätzung des IHS jedenfalls der richtige Zeitpunkt, um Strukturreformen anzugehen, etwa bei Pensionen, Finanzausgleich und Gesundheit.

Zum EU-Budget weisen die IHS-Experten in einem Sonderkapitel der Prognose zum mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) unter anderem auf die Budgetlücke durch den Brexit hin. Der neue MFR sei wesentlich dafür, festzulegen, wie die Struktur der EU-Finanzierung für den Zeitraum 2021 bis 2027 aussehen werde. Die starke Fixierung auf Nettozahlerpositionen in den Budgetverhandlungen verhindere allerdings einen rationalen Diskurs über eine effiziente Aufgabenzuweisung an die EU. Eine Folge sei daher eine Diskrepanz zwischen den in der Realität an die EU delegierten Aufgaben und solchen, die sie optimalerweise erfüllen sollte. So gebe es etwa bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wenig evidenzbasierte Argumente für die Übertragung auf europäische Ebene, während im Gegenzug die Mittelzuweisung für Programme mit klarem europäischem Mehrwert wie beispielsweise Asyl- und Flüchtlingspolitik oder Verteidigungspolitik gering sei.

(APA)

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