Industrie warnt: US-Autozölle würden Deutschland Milliarden kosten

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Der Preis eines importierten Autos würde um fast 6000 Dollar und der eines in den USA gebauten Autos um 2000 Dollar steigen, warnen US-Branchenverbände. EU-Kommissionschef Juncker und Kommissarin Malmström reisen am Mittwoch in die USA.

Sollten die USA die angedrohten Zölle auf importierte Autos erheben, würde das die deutsche Wirtschaft nach Darstellung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) etwa sechs Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung kosten. Er nehme die Drohungen von US-Präsident Donald Trump "sehr ernst", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer am Freitag im ZDF-Morgenmagazin.

Solche Zölle wären "international rechtswidrig". Zudem würden sie nicht nur Arbeitsplätze in Deutschland und Europa kosten, sondern auch Jobs und Investitionen in den USA treffen. Schweitzer befürwortete ausdrücklich, dass die EU notfalls auf neue US-Zölle mit entsprechenden Gegenmaßnahmen antwortet, wie sie schon vorbereitet werden. "Ich glaube, was wichtig ist, der amerikanischen Regierung zu zeigen, dass es insgesamt besser ist, wenn wir zu einem Abbau insgesamt von Zöllen kommen, als zu einem Aufbau", sagte der DIHK-Präsident mit Blick auf die anstehenden Gespräche von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Washington.

Scharfe Kritik an den USA

Die EU-Kommission hatte US-Präsident Donald Trump vor einem geplanten Krisentreffen vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Eine Erhebung hoher Autozölle wäre verheerend und würde eine neue düstere
Wirklichkeit schaffen, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström am
Donnerstag bei einer Veranstaltung der Stiftung German Marshall Fund. Mit den Mitgliedstaaten werde schon an einer Liste mit US-Produkten gearbeitet, auf die Vergeltungszölle verhängt werden könnten.

Ob im Konflikt mit Handelspartnern wie der EU zusätzliche Einfuhrzölle auf Autos erhoben werden, ist laut US-Handelsminister Wilbur Ross noch nicht klar. Es sei "eindeutig zu früh", um den Ausgang der entsprechenden Untersuchung vorherzusagen, erklärte er bei einer Anhörung des US-Handelsministeriums am Donnerstag in Washington. Vertreter der Autobranche appellierten dabei an die US-Regierung, ihre Pläne zu überdenken. Diplomaten der EU sowie Kanadas und Mexikos kritisierten die USA teils scharf. Es gab in Washington auch Proteste von US-Amerikanern, die für internationale Autohersteller arbeiten.

"Autozölle schaden Familien und Arbeitern"

Zusätzliche Zölle würden einen tiefen Einschnitt in die Verflechtung zwischen den Unternehmen bedeuten und Arbeitsplätze in den USA gefährden, sagte der Präsident des deutschen Branchenverbands, Bernhard Mattes, laut Redetext bei der Anhörung. Ähnlich äußerte sich der US-Verband Alliance of Automobile Manufacturers, zu dem US-Hersteller wie General Motors und ausländische Rivalen wie Volkswagen und Toyota gehören. "Höhere Autozölle werden neben der Wirtschaft auch amerikanische Familien und Arbeitern schaden, sagte Verbandsvizepräsidentin Jennifer Thomas. Der Preis eines importierten Autos würde um fast 6000 Dollar und der eines in den USA gebauten Autos um 2000 Dollar steigen.

Trump hatte zuletzt gedroht, einen "20-Prozent-Zoll" auf alle Autoimporte zu erheben. Zuvor war von bis zu 25 Prozent die Rede gewesen. Das Vorhaben ist aber auch in den USA hoch umstritten. Bei der Anhörung des Handelsministeriums warnten Branchenvertreter vor steigenden Produktionskosten und erheblichen Nachteilen für Industrie und Verbraucher.

Drastische Preiserhöhungen und Jobverluste

Um nach Lösungen zu suchen, reisen Malmström und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am kommenden Mittwoch zu Trump. Nach Angaben aus EU-Kreisen wollen sie dem US-Präsidenten unter anderem Verhandlungen über ein sogenanntes plurilaterales Sektorabkommen zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden
Autohandels vorschlagen.

Dieses würde neben den EU-Staaten und den USA weitere Länder wie Japan, China, Südkorea und Mexiko einbeziehen. Schweitzer sagte in einem Zeitungsinterview, er hoffe, dass bei dem Treffen Fortschritte möglich seien: "Es wäre so wichtig, endlich über weniger Zölle zu sprechen - zum Beispiel im Rahmen eines umfassenden Handelsabkommens oder eines multilateralen Automobil-Abkommens." Auch der Präsident des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, hatte die hohe Bedeutung der deutschen Unternehmen für die US-Wirtschaft herausgehoben.

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft: "Nach allem, was US-Präsident Trump angekündigt hat, gibt es keine Alternative dazu. Ich halte es für richtig, dass die Europäische Union ihm die Stirn bietet." Die Lobbyisten der Autohersteller rechneten den Regierungsvertretern in Washington vor, dass die Zölle zu drastischen Preiserhöhungen und Jobverlusten führen könnten.

(APA/dpa/Reuters)

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