Mit geschickter Diplomatie brachte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump dazu, seinen Angriff auf Europas Exportindustrie fürs Erste abzublasen.
Brüssel. Beim Betreten des Oval Office im Weißen Haus zu Washington hatte Jean-Claude Juncker am Mittwoch ein besonderes Gastgeschenk für den amerikanischen Präsidenten dabei: historische Fotografien der Befreiung seiner Heimat Luxemburg von den nationalsozialistischen deutschen Besatzern durch die US-Armee, von Menschenmengen, die den GIs zujubelten, und von einem Soldatenfriedhof im Großherzogtum, auf dem die gefallenen Befreier aus Übersee ihre letzte Ruhe fanden. „Für Donald“, lautete Junckers handschriftliche Widmung. „Wir haben eine gemeinsame Geschichte.“
Dieses Detail gibt einen Einblick in die Herangehensweise des Vorsitzenden der Europäischen Kommission bei seinem heiklen Staatsbesuch in Washington. Mit einer Mischung aus altväterlichem Charme und betonter Dankbarkeit für die historischen Verdienste der USA um Europas heutigen friedlichen Wohlstand brachte er Donald Trump von der Idee ab, seinen Handelskrieg gegen die EU mit einem bereits angedrohten 25-prozentigen Strafzoll auf europäische Autoimporte in die USA zu verschärfen. Das bestätigte der amerikanische Finanzminister, Steven Mnuchin, am Donnerstag im Interview mit dem Fernsehsender CNBC. Laut EU-Vertretern habe man sich darauf geeinigt, für vorerst 120 Tage keine neuen Zölle oder sonstigen Einfuhrsanktionen zu verfügen.
Ende der US-Stahlzölle naht
Auch hinsichtlich der von Trump am 1. Juni verhängten Strafzölle auf die Einfuhr von Aluminium und Stahl in die Vereinigten Staaten sieht es nach Junckers Besuch im Weißen Haus so aus, als könnten die Europäer bald eine Befreiung erwarten, wie sie die US-Nachbarn Kanada und Mexiko bereits genießen. „Das wird das erste Thema sein, über das wir zu verhandeln beginnen werden“, sagte Mnuchin. „Wir müssen die Basis dafür schaffen, und ich hoffe, dass wir das sehr rasch lösen können.“