Mickrige Pensionen für Frauen

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Symbolbild. (c) Michaela Bruckberger
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Am Equal Pension Day entrüsten sich viele über die niedrigen Frauenpensionen. Kaum einer sagt, dass auch der frühere Pensionsantritt daran schuld ist.

Wien. An den Equal Pay Day hat man sich schon gewöhnt, er ist irgendwann im Oktober und zeigt an, ab wann Frauen „gratis arbeiten“. Um wie viel sie also im Schnitt weniger verdienen als Männer. Noch viel ungleicher als das Berufseinkommen sind allerdings die Pensionen. Frauen in Österreich erhalten im Schnitt nur 57 Prozent der durchschnittlichen Männerpension. Umgemünzt auf das Kalenderjahr würden Frauen also ab heute, Samstag, keine Pension mehr kassieren. Das nennt sich dann Equal Pension Day, und natürlich gibt er Anlass für viele politische Reaktionen, Forderungen und Vorwürfe.

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sagte etwa: „Bei den Pensionen wirken sämtliche Nachteile für Frauen auf dem Arbeitsmarkt zusammen: Teilzeit, geringere Stundenlöhne, häufige Unterbrechungen, schlechter bezahlte Berufe und schlechtere Aufstiegschancen.“ Als größtes Problem ortete Anderl die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Vollzeitjob. Nur für jedes dritte Volksschulkind gibt es etwa eine adäquate Nachmittagsbetreuung.

Dass die Rahmenbedingungen für Frauen nicht in allen Bundesländern gleich sind, zeigt auch eine Berechnung der Statistikabteilung der Stadt Wien. Diese kommt ganz selbstlos zum Ergebnis, dass der Equal Pension Day in Wien erst am 27. August ist, während die Pensionistinnen in Vorarlberg rein statistisch schon seit 5. Juli durch die Finger schauen.

Generell bessert sich die Lage, wenn auch im Zeitlupentempo. Im Vergleich zum vergangenen Jahr gab es eine Verbesserung um zwei Tage.

„Schuld ist Schwarz-Blau“

Der Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbands, Peter Kostelka, findet es auch nicht toll, dass Frauen in Österreich mit ihrer Pension 156 Tage länger auskommen müssen als Männer. Schuld daran sei, dass die einstige schwarz-blaue Regierung im Jahr 2003 eine Pensionsreform gemacht habe, die einen längeren Durchrechnungszeitraum zur Folge hatte. „Diese Ungleichheit muss möglichst bald aus der Welt geschafft werden.“

Der Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera findet Kostelkas Berechnung äußerst interessant. Denn ein kürzerer Durchrechnungszeitraum würde natürlich auch die Pensionen der Männer erhöhen. An der Ungleichheit würde sich seiner Meinung nach nichts ändern. Dafür würde der österreichische Sozialstaat möglicherweise implodieren. Schon heute klafft im staatlichen Pensionssystem eine Finanzierungslücke von jährlich 21 Mrd. Euro.

„Österreich wird im Jahr 2020 EU-weit das niedrigste Pensionsantrittsalter für Frauen haben“, sagt Kucsera. Der frühe Pensionsantritt führe dazu, dass Frauen ihre bestbezahlten Berufsjahre verlieren. Dass Österreich das Frauenpensionsalter erst von 2024 bis 2033 an jenes der Männer angleiche, sei viel zu langsam, meint der Ökonom der liberalen Agenda Austria. (gh/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2018)

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