Der Lack ist ab bei der OMV

OMV-Chef Rainer Seele gesteht ein: Das zweite Quartal war „nicht beeindruckend“.
OMV-Chef Rainer Seele gesteht ein: Das zweite Quartal war „nicht beeindruckend“.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Das politische Risiko im Ölgeschäft ist zurück. Das trifft die OMV offenbar härter als die Rivalen. Der Aufstieg des Vorjahres ist Geschichte.

Wien. Vor genau einem Jahr kam keine Präsentation der OMV ohne Aktienkurs des teilstaatlichen Unternehmens aus. Mit dem Abverkauf wenig geliebter Tochterunternehmen und strikten Kostenschnitten hatte der Ölkonzern das Interesse der Anleger geweckt, die Aktie segelte den übrigen Branchenkollegen auf und davon. Selbst die „Financial Times“ suchte nach dem Ursprung des plötzlichen Erfolgs. „Letztlich geht es um politische Beziehungen und nicht um die Größe des Landes“, gab OMV-Chef Rainer Seele zu Protokoll. Die kleine OMV war in der großen Finanzwelt angekommen. Und er, Seele, hatte es geschafft.

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Und jetzt? Trotz eines rekordverdächtigen Ölpreisanstiegs rasselte die OMV-Aktie seit Jahresbeginn um elf Prozent nach unten. Sie ist damit der zweitschlechteste Ölwert in Europa. Im Schnitt legte die Branche um zehn Prozent zu. Und die Halbjahreszahlen, die gestern vorgelegt wurden, haben Analysten schon wieder enttäuscht. Der Betriebsgewinn stieg im zweiten Quartal zwar auf 726 Millionen Euro, blieb aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Unter dem Strich sank der Gewinn gegenüber dem Vorjahr sogar.

Fällt die neue Strategie des Konzerns doch nicht auf fruchtbaren Boden? Oder fehlt den Anlegern die Geduld, um auf das versprochene Wachstum zu warten?

Kein Wachstum ohne Risiko

Fragt man Rainer Seele, ist die Antwort klar. „Wir sind mit dem Kurs natürlich nicht zufrieden“, sagt er. Das zweite Quartal sei „nicht beeindruckend“ gewesen. Man werde sich mehr Zeit nehmen, um den Investoren die Wachstumschancen noch besser zu erklären.

Aber spätestens hier beginnen die Probleme des Unternehmens. Wachstum heißt unter Seele vor allem: Raus aus den sicheren Häfen und rein in günstigere, instabilere Regionen. Libyen, Tunesien, Iran, Russland: Hier soll die OMV groß werden. Doch in den letzten Monaten ist das politische Risiko ins Ölgeschäft zurückgekehrt. Kriege, Sanktionen, Boykotte – und die OMV ist immer mittendrin.

Was das bedeutet, hat das Unternehmen zuletzt in Libyen erfahren. Zwei OMV-Mitarbeiter im Bürgerkriegsland sind immer noch entführt. Das Ölfeld, auf dem auch die OMV tätig ist, war vorübergehend unter Kontrolle der Rebellen. Es braucht höchste Anstrengungen der staatlichen Ölgesellschaft NOC, um die Produktion der OMV bei 25.000Fass am Tag halbwegs zu stabilisieren.

Im Iran dasselbe Lied: Nach Ende der Sanktionen war die OMV einer der ersten Ölmultis, der sich um Verträge mit Teheran angestellt hat. Seit US-Präsident Donald Trump einen weltweiten Boykott gegen das Land fordert, musste auch die OMV alle „Projekte auf Eis legen“. In Tunesien verhindern Sicherheitsbedenken die Produktion an einem neuen Gasfeld. In Rumänien fühlt sich das Unternehmen von der Regierung geschröpft.

Junckers teures Versprechen

Allzu viele gute Nachrichten sind das nicht. Und dabei ist der größte Brocken, Russland, noch nicht einmal angesprochen. Oslo will den geplanten Asset-Tausch mit der Gazprom (russische Gasfelder gegen OMV-Norwegen-Tochter) verhindern. Moskaus Pipeline Nord Stream 2, die die OMV mitbezahlt, steckt im politischen Kugelhagel zwischen EU und USA fest. Washington überlegt Sanktionen gegen das Projekt. Dänemark verweigert die Genehmigung, weshalb die Route umgeplant werden musste. Und dann gibt es noch den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der Donald Trump in die Hand verspricht, dass die EU mehr teures Flüssiggas von den Amerikanern kaufen wird. Wie das passieren soll, ist offen. Der bittere Nachgeschmack bleibt dennoch: Wieder könnten Projekte der OMV direkt betroffen sein.

Der Konzern stemmt sich mit Investitionen gegen die ungünstige Großwetterlage. Um 1,3 Milliarden Euro griff die OMV in Abu Dhabi zu, was den freien Cashflow prompt ins Minus drehte. Wenigstens auf dieser Front kann Finanzvorstand Reinhard Florey beruhigen: „Wir haben Schulden von 2,8 Milliarden Dollar und drei Milliarden cash. Da schlafe ich gut.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2018)

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