Handelskonflikt: China und Türkei auf Partnersuche

Von den Gegenmaßnahmen sind etwa die Exporte amerikanischer Sojabohnen nach China betroffen.
Von den Gegenmaßnahmen sind etwa die Exporte amerikanischer Sojabohnen nach China betroffen.(c) REUTERS (Darley Shen)
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Nachdem die USA sowohl gegen China als auch gegen die Türkei schwere Geschütze auffahren, sind die beiden Länder um neue Handelspartner bemüht.

Shanghai/Istanbul. Angesichts der von den USA angestoßenen Handelskonflikte suchen China und die Türkei nach neuen Partnern. Der chinesische Vize-Agrarminister Han Jun erklärte am Samstag, man könne US-Agrarimporte auch vollständig durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nannte den jüngsten Absturz der Landeswährung Lira die Folge eines Wirtschaftskriegs gegen sein Land. Die Türkei bereite sich darauf vor, mit China, Russland und der Ukraine Handel in den Landeswährungen zu treiben. Auch der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte zum Streit über Irans Atomprogramm, Deutschland suche nach Wegen, um die Finanzströme offenzuhalten. „Wir lassen uns aus Washington keine Handelsbeziehungen mit anderen Ländern diktieren“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat Zölle gegen China unter anderem wegen des Handelsdefizits, gegen die Türkei wegen eines dort festgehaltenen US-Pastors und gegen den Iran im Streit über das internationale Atomabkommen verhängt. Die drei Staaten haben ihrerseits Gegenmaßnahmen ergriffen.

Von diesen sind etwa die Exporte amerikanischer Sojabohnen nach China betroffen, das für die US-Landwirtschaft ein großer Abnehmer ist: Ein Viertel der Ernte wird nach China verschifft. Für den Fall eines ausgewachsenen Handelskriegs seien andere Länder willens, „den Anteil der amerikanischen Agrarprodukte auf dem chinesischen Markt komplett zu ersetzen“, sagte Han der Zeitung „People's Daily“. Der Landwirtschaftssektor der USA würde eine Eskalation des Handelskonflikts zu spüren bekommen.

Erdoğan sagte auf einer Kundgebung seiner AK-Partei in Rize, die türkische Wirtschaft stecke nicht in einer Krise und stehe auch nicht vor der Pleite. Der Absturz der Landeswährung Lira seien die Raketen eines Wirtschaftskriegs gegen die Türkei, erklärte er, ohne Verantwortliche beim Namen zu nennen. Sein Land lasse sich durch Drohungen nicht auf Linie bringen. Erdoğan forderte seine Landsleute auf, Euro und Dollar in die Landeswährung zu tauschen. Diese war in den vergangenen Tagen auch wegen des Streits mit den USA auf Talfahrt gegangen, was weltweit die Börsen belastete.

Altmaier sagte, der von den USA ausgelöste „Handelskrieg verlangsamt und zerstört Wirtschaftswachstum und produziert neue Unsicherheiten“. Die deutsche Regierung suche national und in Europa nach Wegen, um die Finanzkanäle in den Iran offenzuhalten. Wie sich der Iran umorientiert, wurde am Wochenende an anderer Stelle deutlich: Das staatliche chinesische Energieunternehmen CNPC übernahm den Anteil der französischen Total bei der Erschließung des iranischen Erdgasfeldes South Pars. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2018)

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