Seit Jahresbeginn hat die türkische Landeswährung zum Dollar fast 40 Prozent an Wert verloren, am Mittwoch erholte sich der Wert. Die Notenbank schränkt Devisen-Tauschgeschäfte ein.
Nach neuen Strafzöllen der USA hat die Türkei nun ihrerseits Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten verhängt. Sie heizt damit die Auseinandersetzung, die die Landeswährung Lira schwer hatte einbrechen lassen, weiter an.
Eine Mittwochfrüh im Staatsanzeiger veröffentlichte Liste beinhaltete 22 zusätzliche Zölle. Demnach stiegen etwa die Einführungsgebühren für US-Autos, alkoholische Getränke, für kosmetische Produkte, Tabak, Papier und Reis aus den Vereinigten Staaten.
Während aus der im Staatsanzeiger veröffentlichten Liste zunächst hervorging, dass die Einfuhrgebühren für US-Autos beispielsweise um 120 Prozent steigen sollen, stellte die Handelsministerin, Ruhsar Pekcan, nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu klar, dass es sich um eine Verdopplung der Zölle handle - im Fall der US-Autos auf 120 Prozent. Die Einfuhrgebühren für alkoholische Getränke aus den USA stiegen etwa auf 140 Prozent, die für kosmetische Produkte und Tabak auf 60 Prozent, die für Papier oder Reis auf 50 Prozent.
Der stellvertretende Präsident, Fuat Oktay, twitterte, die Türkei habe dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgend nach den "bewussten Angriffen der US-Regierung Steuern auf einige Produkte aus den USA" erhoben.
Der angekündigte iPhone-Boykott
Am Vortag hatte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, elektronische Produkte aus den USA boykottieren zu wollen. Er erwähnte auch die iPhones des Herstellers Apple. Zusätzliche Zölle auf elektronische Geräte oder ein Einfuhrverbot fanden sich in der Liste aber nicht.
Hintergrund des Streits ist das Schicksal des in der Türkei wegen Terrorvorwürfen festgehaltenen US-Pastors Andrew Brunson. Die USA fordern seine sofortige Freilassung. Aus Frustration über mangelnde Fortschritte in den Verhandlungen hatte US-Präsident Donald Trump am Freitag Zölle auf die Einfuhr von türkischem Stahl und Aluminium stark erhöht. Erdogan sprach daraufhin von einem "Wirtschaftskrieg".
Erdogans Sprecher, Ibrahim Kalin, sagte am Mittwoch, die Türkei wolle keinen "Wirtschaftskrieg", sein Land müsse sich aber wehren, wenn es angegriffen werde.
Lira-Kurs stabiler
Die Lira-Krise rief außerdem die türkischen Bankenwächter auf den Plan. Die Aufsichtsbehörde schränkte am Mittwoch Devisen-Tauschgeschäfte heimischer Kreditinstitute mit ausländischen Investoren weiter ein. Diese Devisen-Swaps dürfen künftig nur noch 25 Prozent des Eigenkapitals einer Bank ausmachen. Bei derartigen Transaktionen werden Devisen gekauft.
Zugleich wird vereinbart, sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzugeben. Geldhäuser nutzen diese Geschäfte beispielsweise, um sich gegenüber Wechselkursrisiken abzusichern.
Die türkischen Bankenkontrolleure hatten die Swaps wegen des starken Verfalls der Lira bereits begrenzt. Die Zentralbank des Landes kündigte zudem an, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um die Liquiditätsversorgung der Geschäftsbanken sicherzustellen.
Der Kurs der seit Monaten schwächelnden Lira war am Freitag und am Montag abgestürzt. Er erholte sich am Dienstag und Mittwoch leicht, was Analysten auf erste Notmaßnahmen der Zentralbank zur Stützung der Lira und auf die Ankündigung zurückführten, dass Finanzminister Berat Albayrak am Donnerstag per Telefonkonferenz mit Investoren unter anderem aus den USA und Europa sprechen werde.
USA machen Druck
Die US-Regierung wies die Verantwortung für die wirtschaftlichen Probleme in der Türkei zurück. Diese hätten nicht erst begonnen, "als wir am 1. August dieses Jahres Sanktionen gegen zwei Personen verhängt haben", sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums.
Die Türkei suchte am Dienstag die Annäherung an Europa. Albayrak betonte in einer Rede in Ankara, dass eine Vertiefung der Beziehungen zu Europa und eine langfristige Zusammenarbeit die beste Antwort auf die Bedrohung durch die USA seien. Er fügte hinzu, dass Äußerungen unter anderem der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gezeigt hätten, wie "unfair und böswillig" es sei, was der Türkei widerfahre.
Merkel besorgt
Merkel hatte sich am Montag besorgt über die Lage in der Türkei geäußert. Die EU profitiere von einer stabilen Wirtschaftslage in ihrer Nachbarschaft. "Deutschland möchte jedenfalls eine wirtschaftlich prosperierende Türkei", hatte sie gesagt.
Noch im vergangenen Jahr war das deutsch-türkische Verhältnis unter anderem wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher in der Türkei zerrüttet gewesen. Die deutsche Regierung will Erdogan Ende September zu einem Staatsbesuch in Deutschland empfangen.
(APA/Reuters)