Cernkos roter Teppich für Reiche

Erste-Group-Vorstand Willibald Cernko (l.) und 3-Banken-Generali-CEO Gustav Dressler beim Europafrühstück im Böglerhof.
Erste-Group-Vorstand Willibald Cernko (l.) und 3-Banken-Generali-CEO Gustav Dressler beim Europafrühstück im Böglerhof.Richard Tanzer
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Europafrühstück. Erste Group-Risikovorstand Cernko ist dafür, die Auflösung von Stiftungen steuerlich zu erleichtern, wenn dieses Geld in österreichische Unternehmen investiert wird.

Auch Gustav Dressler kam nicht um einen Mahrer-Witz herum. Noch im Vorjahr fand Mittwochfrüh im Böglerhof eine Veranstaltung der Wirtschaftskammer statt. Da aber Harald Mahrer mittlerweile so viel um die Ohren habe, „sind wir mit dem Europafrühstück eingesprungen“, sagte der CEO der 3-Banken-Generali-Investmentgesellschaft. Dressler moderierte, scherzte und entlockte seinem Gast Willibald Cernko die eine oder andere Spitze über den österreichischen Finanzmarkt, das Bildungswesen und den Unterschied zwischen deutschen, italienischen und österreichischen Bankern.

Doch zuerst musste der Risikovorstand der Erste Group ein geografisches Rätsel lösen. „Wo ist Obdach-Weißkirchen?“ In der dortigen Raiffeisenkasse hat nämlich 1983 Cernkos Bankerkarriere begonnen. Im steirischen Murtal hart an der Kärntner Grenze. Später wechselte der gebürtige Knittelfelder in die CA und ab dann erfuhr er, wie es ist „wenn man übernommen wird“. Sprich die CA wurde von der Bank Austria geschluckt, die beiden dann von der Bayrischen Hypo-Vereinsbank und alle drei am Ende von der italienischen UniCredit. Und Cernko immer mittendrin, statt nur dabei. Seine Lehre daraus? „Dass man aktiv an seiner Zukunft arbeiten muss.“

Private Equity „nicht existent“

Der Risikovorstand der Erste Group sieht Österreichs Wirtschaft noch immer sehr gut aufgestellt. Die Menschen konsumieren und die Unternehmen investieren – „zumindest noch in diesem Jahr“, sagt er. Österreich sei leider nach wie vor ein schwieriges Pflaster für private Investoren. Vor allem Private Equity für kleinere und mittlere Unternehmen sei „nicht existent“.

Start-ups würden zwar in der Gründungsphase genügend Kapital bekommen, aber nachdem sie die Anfangshürden übersprungen haben, fehlt es fürs endgültige Durchstarten am nötigen Risikokapital. Dabei wäre genügend Geld vorhanden, betont Cernko.

Er spricht die vielen Milliarden an, die in österreichischen Stiftungen liegen. Diese haben längst an steuerlicher Attraktivität verloren. „Viele würden gerne raus aus den Stiftungen, aber das ist nicht leistbar“, sagte Cernko und forderte: „Mann sollte vermögenden Leuten einen roten Teppich ausrollen.“

Steuererleichterungen also für jene, die ihr in Stiftung geparktes Geld in österreichische Unternehmen investieren, meint er und fragt: „Wer soll denn die Jobs schaffen, wenn nicht Menschen mit Kapital?“ Leider herrsche bei uns die Meinung: „Man kann den Reichen doch keine Zuckerl geben.“

Auf der anderen Seite gehe die Angst um, dass chinesische Investoren europäische Paradeunternehmen aufkaufen. „Wir haben null Bedarf an Kapitalimport“, sagt der Bankmanager.

Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite habe der Bankensektor aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Die Banken seien heute wesentlich besser mit Eigenkapital ausgestattet, die strengen Regularien haben gegriffen, zum Teil finde bereits eine Überregulierung statt. Die Banken seien „wirklich gut aufgestellt“. Kurze Pause. „Aber das hat man auch vor Lehman gesagt“, fügt Cernko hinzu.

Problematisch sieht der Bankmanager allerdings die nach wie vor „starke Zuwendung zur Immobilie“. Auch dass manche Institute Konsumkredite mit Laufzeiten von mehr als zehn Jahren geben, sieht er äußerst kritisch. „Das ist nicht gesund.“

Schüler können nicht googeln

Als eine der größten Herausforderungen unserer Wirtschaft sieht Cernko die Digitalisierung. Dass diese viele Arbeitsplätze kosten werde, glaubt er persönlich nicht. Laut einer Studie gebe es 5000 Kompetenzprofile, künstliche Intelligenz könnte aber lediglich 50 davon übernehmen.

Und die Vorbereitung auf die Digitalisierung beginne nicht in den Unternehmen, sondern in der Schule. Genau im Bildungsbereich ortet Cernko einen großen Nachholbedarf.

Er erzählte das Beispiel einer ihm bekannten Berufsschule, in der den Schülern das „Googeln“ beigebracht werden müsse. Wer nicht sinnerfassend lesen und schreiben kann, dem helfe auch die beste Internetsuchmaschine nichts. „Es fehlt am Basiswissen“, sagt Cernko. Dort müsse angesetzt werden, „ansonsten wird das ein Desaster“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2018)

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