RHI-Magnesita-Chef Borgas: „Wir haben ein Alpenromantik-Image“

RHI-Chef Stefan Borgas: „Österreich verbindet man mit Kühen, Alpen, Skifahren und Mozart.“
RHI-Chef Stefan Borgas: „Österreich verbindet man mit Kühen, Alpen, Skifahren und Mozart.“(c) Akos Burg
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Niemand assoziiere mit Österreich einen Hightech-Standort, kritisiert RHI-Magnesita-Chef Stefan Borgas. Ganz anders als mit der Schweiz, die es besser verstanden habe, mit Innovation und moderner Technologie verbunden zu werden.

Die Presse: Zur Präsentation der Halbjahreszahlen im August sagten Sie, die RHI Magnesita sei Gewinner der US-Zölle auf Stahl. Wieso?

Stefan Borgas: Das wurde sehr zugespitzt. Ich habe gesagt, die neuen Zölle tun uns nicht sehr weh. Aber den Welthandel einzuschränken ist immer eine schlechte Idee. Das stört die Wohlstandsentwicklung überall auf der Welt. Durch die Zölle verschiebt sich die globale Stahlproduktion leicht Richtung USA. Unser Geschäft dort ist profitabel. Die Margen sind dort aktuell gut.

Mit dem Zusammenschluss der österreichischen RHI mit der brasilianischen Magnesita im Vorjahr hat der Konzern seine Weltmarktführerschaft ausgebaut. Österreich, sagen Sie, ist Gewinner der Fusion. Warum?

Die Zentrale in Wien ist jetzt statt für 1,7 Mrd. Euro Umsatz und 7000 Mitarbeiter für über drei Mrd. Euro Umsatz und 14.000 Mitarbeiter zuständig. Unser weltgrößtes Forschungszentrum haben wir in Leoben. In unserem Beirat sitzen jetzt Leute aus der ganzen Welt, die sich vor der Fusion nie für Österreich interessiert hätten.

Alle Produktionsstandorte werden durchforstet, Schließungen und Stellenstreichungen nicht ausgeschlossen. Für Österreich gibt es eine Standort- und Jobgarantie bis 2020. Und danach?

In Österreich hatten wir zuletzt einen Zuwachs an Mitarbeitern. Aber natürlich müssen sich auch die fünf österreichischen Werke im internationalen Vergleich immer wieder beweisen. Wer heute gut ist, kann in drei Jahren durchgefallen sein. Wir sagen unseren Mitarbeitern und Managern immer wieder: Ihr müsst euch ständig verbessern, die Welt verändert sich immer schneller.

Sie haben Firmen in den USA, Israel, der Schweiz geleitet. Ist Österreich ein gutes Pflaster für Unternehmen?

Der Charme Österreichs ist, dass man sich leicht mit Politik und Wirtschaft vernetzen kann, weil alles so klein ist. Seit der Fusion holen wir viele Mitarbeiter aus Brasilien und Asien. Wenn man Jungen, hoch Qualifizierten von Wien erzählt, sagen alle erst einmal: Sicher nicht. Zu abgelegen, zu provinziell, kennt man nicht. Dann laden wir sie ein, und innerhalb eines halben Tages sind sie überzeugt.

Österreich tut sich generell schwer, ausländische Fachkräfte für einen Umzug zu begeistern.

Wir haben halt dieses Alpenromantik-Image. Wenn man über Hightech redet oder Industrietechnologie, denkt kein Mensch an Österreich. Bei Taiwan, Singapur und Boston schon. Österreich verbindet man mit Kühen, Skifahren, Alpen und Mozart.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte sollte das ändern, erfüllt aber die Erwartungen nicht.

Das ist an sich ein super Instrument. Aber jetzt brauchen wir Werbung, damit sie auch jemand nützt. Die Schweizer haben das vor 25 Jahren viel intelligenter gemacht. Sie haben die „Swissness“ nicht mit Alpenromantik, sondern mit Hightech und Forschungsintensität beworben. Jetzt müssen wir uns überlegen, was unser Alleinstellungsmerkmal ist. Unsere Stärke ist eher die hochstehende Handwerkskunst, weniger die Erfindung als die Umsetzung.

Nun tritt das neue Arbeitszeitgesetz in Kraft. Zwölf-Stunden-Arbeitstage sind damit möglich. Profitiert RHI Magnesita davon?

Es wird keine dramatischen Umwälzungen geben. Aber es fällt viel Druck weg, weil die strengen zeitlichen Begrenzungen aufgehoben werden. Für Büroangestellte ist das viel wichtiger als für Fabriksarbeiter, die Schicht ist sowieso straff organisiert. Auch unsere Mitarbeiter und Betriebsräte finden das Gesetz gut.

Alle klagen über den Fachkräftemangel. Sie auch?

Ja, uns fehlen Mitarbeiter in höher qualifizierten technischen Handwerksberufen, wie Mechatroniker und Industriekeramiker. Wir gehen an Schulen und versuchen, die Jungen für diese Berufe zu begeistern, wir bilden über unseren Bedarf hinaus aus. Wir appellieren an angehende Studenten, erst eine Ausbildung zu machen und dann zu studieren, mit unserer Unterstützung. Und wir rekrutieren in Osteuropa.

ZU PERSON UND FIRMA

Stefan Borgas ist ein deutscher Manager und seit 1. Dezember 2016 Vorstandsvorsitzender der RHI Magnesita.

RHI Magnesita entstand 2017 aus der Fusion der heimischen RHI und der brasilianischen Magnesita. Der Weltmarktführer bei Feuerfestprodukten notiert nun an der Londoner Börse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2018)

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