EZB räumt letzte Hürden in Richtung Kurswende aus dem Weg

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Die Europäische Zentralbank wird am Donnerstag wohl endgültig die Weichen für einen Kurswechsel stellen.

Ökonomen erwarten, dass die Euro-Wächter am Donnerstag auf dem ersten Zinstreffen nach der Sommerpause eine noch offene Hintertür schließen. Dann wird es bei den billionenschweren Anleihenkäufen, die vor allem in Deutschland umstritten sind, ab Oktober nur noch eine kurze Auslaufphase bis zum Jahresende geben. Zu der Sitzung in Frankfurt werden auch neue Wirtschaftsprognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen. Die Leitzinsen dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen. Sie werden wahrscheinlich frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2019 steigen.

"Es gibt sehr wenige Gründe daran zu zweifeln, dass die EZB die Verringerung der monatlichen Anleihenkäufe von 30 Milliarden Euro auf 15 Milliarden Euro ankündigen wird", sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING Diba. Sein Commerzbank-Kollege Michael Schubert rechnet damit, dass die Währungshüter nun auch formell beschließen, die auf 2,6 Billionen Euro angelegten Transaktionen zum Jahresende einzustellen. Dies hatten sie bereits im Juni in Aussicht gestellt. Zugleich kündigte die EZB damals an, die Schlüsselzinsen noch bis mindestens "über den Sommer" 2019 hinaus nicht anzutasten. "Die EZB ist nun im Kern auf Autopilot", so Reinhard Cluse, Europa-Chefvolkswirt der Schweizer Großbank UBS.

Rund zehn Jahre nach dem fatalen Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und der anschließenden Krisenpolitik ist die Wirtschaft seit längerem wieder auf Erholungskurs. In Europa läuft der Aufschwung bereits das sechste Jahr in Folge. EZB-Vize Luis de Guindos sprach unlängst von einem soliden und breit gestützten Wachstum im Euro-Raum. Allerdings ist der Inflationsdruck weiterhin relativ gering, weshalb die EZB ihre Geldpolitik nur im Schneckentempo ändert. Die Teuerung lag zwar zuletzt nahe der Zielmarke der EZB, die knapp zwei Prozent als Optimalwert für die Wirtschaft anstrebt. Doch ohne die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ist der Preisauftrieb eher gering.

Bei der Pressekonferenz mit EZB-Präsident Mario Draghi in Frankfurt dürften die Risiken für die Wirtschaft im Fokus stehen. So ist der Handelsstreit mit den USA, der die Konjunktur im Euro-Raum spürbar bremsen könnte, nach wie vor ungelöst. Dazu sind die Währungen von wichtigen Schwellenländern wie der Türkei und Argentinien kräftig unter Druck geraten. Zudem steuert die neue italienische Regierung aus rechter Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung womöglich mit der Umsetzung kostspieliger Wahlversprechen auf eine Konfrontation mit der EU-Kommission zu. Nach Griechenland ist Italien das Euro-Land mit der zweithöchsten Staatsverschuldung. An den Finanzmärkten wird ein weiterer Anstieg der Verschuldung befürchtet.

(Reuters)

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