Warum geben Österreicher wenig für Alkohol aus?

Steuern dämpfen den Durst nicht überall.
Steuern dämpfen den Durst nicht überall.(c) Clemens Fabry
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Aktuelle Eurostat-Daten zum Anteil der Ausgaben für alkoholische Getränke sind wenig aussagekräftig. Mehr verrät der Pro-Kopf-Konsum, bei dem Österreich in Europas Mittelfeld liegt. Steuern dämpfen den Durst nicht überall.

Wien. Nicht jede offizielle Statistik, die Schlagzeilen macht, führt auch zu den richtigen Schlüssen. Am Mittwoch hat Eurostat Daten zu den Ausgaben für Alkohol veröffentlicht. Es zeigt sich: Nur in vier EU-Staaten wenden die Haushalte einen noch geringeren Anteil ihres Budgets für alkoholische Getränke auf als hierzulande. Das könnte bedeuten, dass die Österreicher durchaus maßvoll konsumieren.

Wer das anders im Gefühl oder in Erinnerung hat, mag auch anders schließen: Die Österreicher trinken vor allem billigen Fusel, aber mengenmäßig nicht weniger als andere. Oder aber: Alkoholika sind hierzulande zu günstig. Tatsächlich liegen die Verbrauchssteuern auf Bier, Wein und Schnaps unter dem europäischen Mittel: In einer irischen Studie vom vorigen April (mit Daten des Lobbyverbands Spirits Europe) landet Österreich EU-weit auf dem 18. Platz. Am stärksten besteuern übrigens die Länder Finnland, Irland und Schweden.

Die Grübelei, welche Interpretation die Realität nun am besten trifft, kann man sich aber sparen. Denn die Brüsseler Statistikbehörde erfasst hier nur die Einkäufe, die Europas Haushalte im Geschäft tätigen. Was sie in Bars, Restaurants, Discos und Hotels trinken, gehört in eine andere Datengruppe. Dort werden Getränke nicht getrennt von den Ausgaben für Essen oder Quartier erfasst.

Womit eine dritte Deutung möglich ist: Die Österreicher sind Stammtischtrinker, die Alkohol lieber in Gesellschaft als zu Hause konsumieren. Wo es aber so viele Unbekannte und denkbare Erklärungen gibt, bleibt ein Ranking ohne Aussagekraft.

Wer wirklich wissen will, wie es die Österreicher mit dem Alkohol halten, wird bei den Daten der Weltgesundheitsorganisation fündig. Die WHO rechnet die konsumierten Getränke, von leicht wie Bier bis schwer wie Schnaps, in „Liter reinen Alkohols“ um. Pro Kopf landen die Österreicher dabei mit einem Konsum von 11,6 Litern (nach den aktuellsten Daten für 2016) auf Platz 15 in Europa, also im Mittelfeld. Aber auf Platz 17 weltweit, also unter den starken Trinkern – weil eben in keinem Erdteil so viel Alkohol konsumiert wird wie in Europa. Am meisten in Moldau (15,2 Liter), Litauen (15 Liter) und Tschechien (14,4 Liter).

Maßvolle Südeuropäer

Auch Deutschland, Frankreich und Portugal haben einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch als Österreich. Viel maßvoller gehen Südeuropäer mit berauschenden Getränken um: Spanier und Griechen kommen auf rund zehn Liter pro Kopf, die Italiener gar nur auf 7,5 Liter. Die Kluft zwischen trinkfreudigen Osteuropäern und moderaten Südländern zeigt sich auch in der aktuellen Eurostat-Statistik zu den Haushaltseinkäufen.

Unrecht scheint das Klischee den Russen zu tun, sie liegen laut WHO praktisch gleichauf mit den Österreichern. Der heimische Pro-Kopf-Verbrauch geht nur langsam zurück: Im Jahr 2010 lag er bei zwölf Litern. Welche kulturellen Faktoren dahinter stehen, lässt sich aus solch einfachen Rangreihen freilich nicht ablesen. Schon eher, wie groß die Preiselastizität ist, wie leicht sich also die Trinkfreude durch eine höhere Steuer einbremsen ließe. Die Daten mancher Länder sprechen dafür: Die skandinavischen Staaten mit ihren fast prohibitiven Preisen haben durch die Bank einen recht niedrigen Pro-Kopf-Konsum. Aber Irland ist der klare Ausreißer: Im Land mit der zweithöchsten Alkoholsteuer in Europa wird am fünftmeisten getrunken. Die Lust auf Ale und Whiskey ist den Iren nicht so leicht auszutreiben. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2019)

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