Millionenbetrug mit Finanzwetten

Den Opfern wurde die Möglichkeit gegeben, auf Finanzprodukte wie Aktien, Fremd- und Kryptowährungen zu wetten.
Den Opfern wurde die Möglichkeit gegeben, auf Finanzprodukte wie Aktien, Fremd- und Kryptowährungen zu wetten. REUTERS
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Heimische Ermittler haben eine bulgarische Bande zerschlagen, die mit fingierten Anlageprodukten Hunderte Millionen erbeutet haben soll. Auch in Österreich gibt es viele Opfer.

Wien. Hunderte Österreicher, womöglich mehr als tausend, wurden in den vergangenen Jahren von einer bulgarischen Bande durch betrügerische Geldgeschäfte hineingelegt. Die Schadenssumme beträgt laut Bundeskriminalamt um die 100 Millionen Euro – pro Jahr. Anfang Februar wurde nun der Hauptverdächtige in Bulgarien festgenommen. Nun werden mehrere Terabyte an Daten ausgewertet, um den wahren Schaden festzustellen, der heimischen Anlegern entstand.

Die Ermittlungen laufen seit September 2017. Sie zeichnen das Bild eines Betrugskonzerns, der seine Opfer per E-Mail oder in den sozialen Medien gefunden hatte. Mehr als 100 Menschen sollen als Mitarbeiter tätig gewesen sein. Viele davon in Callcentern in Bulgarien, die den Opfern eine Art Kundendienst vorgegaukelt haben.

Im Kern lief der Betrug über sogenannte Binäre Optionen ab, erklärt Manuel Scherscher, der Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt: „Dabei handelt es sich um eine Wette auf den Kursstand eines Finanzproduktes zu einem bestimmten Zeitpunkt.“ Den Opfern wurde die Möglichkeit gegeben, auf Finanzprodukte wie Aktien, Fremd- und Kryptowährungen zu wetten. Aber die Karten waren von Anfang an gezinkt: „Der Kurs wurde durch die Software so beeinflusst, dass die Wette am Schluss verloren werden musste.“

Regelmäßig neue Plattform

Gab es doch Gewinne, wurden die nie ausbezahlt. Wenn ein Anleger sich meldete und sein Geld verlangte, wurde er zuerst abgewimmelt und das Konto dann auf null gestellt. Als Begründung wurde angegeben, dass der letzte Trade schiefgegangen sei. Manchmal konnten Kunden sogar dazu überredet werden, erst recht mehr Geld nachzuschießen, um angebliche Verluste auszugleichen. Die angebotenen Wetten bezogen sich meist auf Produkte, die an den normalen Börsen kaum handelbar sind, was es den Opfern erschwert haben soll, ihre Trades nachzuvollziehen.

Wenn die Beschwerden sich häuften, wurde die Plattform einfach abgedreht. Das Geschäft ging dann unter einem anderen Namen weiter. Die Portale trugen Namen wie XTraderFX, Optionstars, Goldenmarkets oder Cryptopoint. Wie bei anderen Betrugsfällen wurde mit einer angeblichen Versicherung für das Kapital geworben.

In Wahrheit wurde wohl nie ein einziger Trade durchgeführt, sagt Ermittler Scherscher: „Die von der Tätergruppierung beherrschten Plattformen wurden mit einer Software betrieben, die die komplette Kundenverwaltung ermöglichte.“ Diese Software sei von den Tätern im eigenen Haus entwickelt worden. Sie sorgte dafür, dass den Opfern Trades vorgetäuscht wurden, während das eingezahlte Geld sofort in einem komplizierten Geflecht aus Firmen gelandet ist, die der Geldwäsche dienen sollten. Bei den Festnahmen und Hausdurchsuchungen seien keinerlei Rücklagen entdeckt worden, so das Bundeskriminalamt.

Es wurden zwar 14 Konten geöffnet, aber es konnte lediglich ein sechsstelliger Geldbetrag sichergestellt werden – nicht viel, angesichts von mehreren Hundert Millionen Euro Schaden. Wie lange das Spiel der Betrüger gelaufen ist, lässt sich aus heutiger Sicht noch nicht sagen. In Bulgarien wurden die Räumlichkeiten von insgesamt 21 Firmen und vier Privatpersonen durchsucht. Der Hauptverdächtige befindet sich in Auslieferungshaft.

„Nach den vorliegenden Erkenntnissen wurde über diese Plattformen ein Umsatz von zumindest 66 Mio. erwirtschaftet, wobei etwa elf Mio. auf Einzahlungen aus Deutschland und Österreich entfallen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich diese Summen nach genauer Auswertung der sichergestellten Daten noch um ein Vielfaches erhöhen“, heißt es vom Bundeskriminalamt. Die Ermittlungen ab 2017 gingen zuerst vom LKA Niederösterreich aus. Dann schaltete sich das Bundeskriminalamt ein sowie die Staatsanwaltschaften von Feldkirch und Saarbrücken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2019)

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