Die Wirtschaft kühlt weiter ab

IHS-Chef Martin Kocher.
IHS-Chef Martin Kocher.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Außen pfui, innen hui: Österreichs Wirtschaft leidet unter der globalen Abkühlung. Noch kann der private Konsum dagegenhalten. Warnsignale kommen vom Arbeitsmarkt.

Wien. Die österreichische Wirtschaft läuft zunehmend schlechter, wobei das Jammern immer noch auf hohem Niveau stattfindet. Die Regierungskrise habe kaum Auswirkungen gehabt, so die Ökonomen von Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Institut für Höhere Studien (IHS). Ad-hoc-Aktionen im Wahlkampf seien auch nicht notwendig. Die globale Abkühlung bremst die Exporte, der private Inlandskonsum ist aber noch stabil. Der Arbeitsmarkt sendet erste Warnsignale aus. „Die Presse“ gibt einen Überblick zur Sommerprognose 2019.

Die Lage

„Die Wirtschaft bringt das, was wir uns vom Wetter wünschen würden. Eine Abkühlung“, sagte Wifo-Chef Christoph Badelt bei der Präsentation der Prognose am Donnerstag. Die Phase der Hochkonjunktur sei vorbei. Es bestehe aber auch kein Grund zur Panik. „Von einer Rezession kann keine Rede sein.“ Das Wachstum gehe nur langsam zurück. Das Wifo rechnet für heuer nur mit 1,7 Prozent Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP), nachdem es 2018 real (also inflationsbereinigt) noch 2,7 Prozent zugelegt hat. Das Institut für Höhere Studien (IHS) sieht wie schon im März eine Abschwächung des BIP-Anstiegs auf 1,5 Prozent und erwartet für 2020 weitere 1,6 Prozent plus.

Die Probleme

Die geopolitischen Spannungen sind bekannt: Trump gegen China, Trump gegen den Iran, Brexit und Budgetstreit mit Italien. Die realen Effekte: Eine schwächere Weltkonjunktur drückt die Nachfrage nach Exportprodukten, was sich in einer Schwäche der Industrieproduktion niederschlägt. „Die ist bei uns zwar weniger ausgeprägt als in Deutschland, aber wir spüren sie trotzdem“, so IHS-Chef Martin Kocher. Die Weltwirtschaft habe zuletzt zwar wieder etwas an Fahrt gewinnen können. „Aber trotzdem können wir beim Welthandel heuer nur von einem Wachstum von 1,5 Prozent ausgehen. Vergangenes Jahr waren es noch 3,0 Prozent“, so Kocher.

Die guten Zeichen

Die Probleme an den Weltmärkten haben sich noch nicht auf die Kauflaune der Österreicher und Österreicherinnen ausgewirkt. „Der private Konsum ist weiterhin die entscheidende Konjunkturstütze“, so Kocher. Steigende Einkommen und der Familienbonus der letzten Regierung helfen hier nach. Auch die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt hilft. Der Preisauftrieb dürfte gedämpft bleiben, laut Wifo heuer 1,6 Prozent, 2020 1,7 Prozent, nach 2,0 Prozent im Vorjahr. Das IHS geht von den gleichen Teuerungsraten aus. Beide Ökonomen glauben, dass die Europäische Zentralbank ihren sehr lockeren geldpolitischen Kurs beibehalten wird. Die Bundesbudgets sehen die Wirtschaftsforscher heuer und im nächsten Jahr im grünen Bereich, der Staat sollte unterm Strich jeweils ein Plus von 0,3 bis 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen.

Die Warnungen

Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt hat auch einen Nachteil, denn viel besser könne es nicht mehr werden, so die Ökonomen. „Wir sehen sicherlich das unterste Niveau der gegenwärtig realisierbaren Arbeitslosenrate“, so Badelt. Die liegt heuer bei 4,6 Prozent (nach nationaler Berechnung). Es kommen immer mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt. 2020 soll die Arbeitslosenquote noch stabil bleiben, so die Ökonomen. Dass der Staat mit einem jährlichen Überschuss von bis zu 2,4 Mrd. Euro zu rechnen hat, würde aktuell die Begehrlichkeiten der Politiker wecken, so die Ökonomen. „Es gibt aber keinen Grund für Aktionismus“, warnt Badelt die Wahlkämpfer. Die von Türkis-Blau geplante Steuerreform könne man durchaus noch durchführen: „Ökonomen haben die geplanten Maßnahmen ja grundsätzlich begrüßt. Und vieles wurde schon in den Ministerien vorbereitet.“ Als Beispiel nannte Badelt die Senkung der Versicherungsbeiträge für kleine Einkommen. In jedem Fall sei 2020 mit einer großen Steuerreform einer neuen Regierung zu rechnen. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2019)

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