Schlumberger: Burgenland wollte Sektfirma – die Nachbarn nicht

Die Verlagerung der Produktion ist verschoben.
Die Verlagerung der Produktion ist verschoben. (c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Burgenlands Regierung feierte den Fang: Schlumberger wollte seine Produktion für 70 Mio. Euro aus Wien übersiedeln. Nach Anrainerprotesten ist der Bauplan Makulatur – und die Parteien schieben sich die Schuld zu.

Wien. Am Dienstag kam in Eisenstadt Bewegung in den Sitz der Landesregierung. Grund war eine frühmorgendliche Ankündigung von Arno Lippert, Chef der Wiener Sektkellerie Schlumberger, in der Austria Presse Agentur gewesen: Die Verlagerung seiner Produktion, die ab diesem Sommer im burgenländischen Müllendorf entstehen hätte sollen, ist verschoben. Der Bauplan sei obsolet, der neue Zeithorizont unklar, sagte ein Sprecher zur „Presse“. Anrainerbeschwerden gegen einen Teil des Neubaus – konkret eine 33 Meter hohe Lagerhalle – würden sie zum Planungsbeginn zurückwerfen.

Übersiedeln will man aber noch immer: Der Schlumberger-Standort in Wien-Heiligenstadt werde mit dem stetigen Exportwachstum auf lange Sicht zu eng und sei auch verkehrstechnisch nicht mehr tragbar. Das 122.000m2 große Grundstück in der Gemeinde Müllendorf ist bereits gekauft, an der geplanten Investition von 70 Mio. Euro ändere sich vorerst nichts. Schlumberger sei den Nachbarn, die ihr Veto eingelegt haben, nicht böse und stehe in gutem Kontakt mit Gemeinde und Land.

Das beruhigte die Politiker in Eisenstadt nur bedingt: Der Rückschlag für das Projekt, das Altlandeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) gerne exemplarisch für den Aufschwung des Wirtschaftsstandorts Burgenland nannte, rief die verschiedenen Parteien auf den Plan. Am Dienstagvormittag erklärte Niessls Parteikollege, Arbeitsmarktlandesrat Christian Illedits, sein Bedauern. Er kündigte Gespräche mit der Firma an – und kritisierte die ÖVP. Die Landespartei habe nicht schlichtend eingegriffen, als sich die örtliche ÖVP auf die Seite des benachbarten Bauern schlug und eine Volksbefragung zu dem Bau forderte. Das sei nach der Einstellung der Aktion 20.000 der zweite „Anschlag der früheren Wirtschaftspartei ÖVP auf die Beschäftigungspolitik des Landes gewesen“.

Die Angelegenheit ist also zum Politikum geworden: Am Nachmittag berief auch der blaue Koalitionspartner eine Pressekonferenz ein.

Bloß raus aus Wien

Bei Schlumberger gibt man sich gelassen: Künftig würden die Mitarbeiter zwischen dem Lager, das bereits an einen niederösterreichischen Logistiker ausgelagert ist und nun dort bleibt, und der Produktion in Müllendorf pendeln. Die Verbindung sei gut, und die mühsame Fahrt nach Wien habe ein Ende. Einen finanziellen Schaden trage man durch die Verschiebung des Baustarts nicht davon, heißt es vom Sekthersteller.

Negativ auf die Bilanz schlage dafür nach wie vor die 2014 eingeführte Schaumweinsteuer. Der Sektflaschenabsatz sei im österreichischen Handel seither um rund ein Viertel eingebrochen. „Die Talsohle ist noch nicht erreicht“, betont ein Sprecher. Schlumberger sucht offene Ohren auf anderer politischer Ebene: Die im Mai abgesetzte ÖVP/FPÖ-Regierung wäre bereit gewesen, die Steuer fallen zu lassen. Zwar erst mit Frühling 2022, aber besser später als nie, hieß es in der Branche. Sobald die neue Regierung steht, werde man ihr die Forderung wieder ins Gedächtnis rufen. (loan/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2019)

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