In der Europäischen Zentralbank machen sich Unstimmigkeiten über den Kauf von Anleihen verschuldeter Staaten breit. Trichet: Die EZB kaufe Anleihen nur auf dem freien Markt und nicht den nationalen Regierungen ab.
Wien (hie). Seit ihrer Entscheidung, hoch verschuldeten Staaten Anleihen abzukaufen, steht die Europäische Zentralbank (EZB) im Kreuzfeuer der Kritik. Und diese kommt mittlerweile nicht mehr nur von Analysten und Finanzmarktexperten, sondern aus den eigenen Reihen: „Die Geldpolitik hat in der Krisenbewältigung neue Wege eingeschlagen, die ich angesichts der damit verbundenen stabilitätspolitischen Risken nach wie vor kritisch sehe“, sagte etwa Axel Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank, am Montag.
Weber ist als oberster Notenbanker Deutschlands EZB-Mitglied und wird als Nachfolger von EZB-Chef Jean-Claude Trichet gehandelt. Dessen Amtszeit endet kommenden Herbst. Es gelte nun, die Risken für die Preisstabilität zu minimieren, so Weber.
Trichet selbst, der das Programm zum Ankauf von Staatsanleihen initiiert hat, will diese Kritik so nicht gelten lassen. Mit dem Vorwurf, die EZB verliere das Ziel der Geldwertstabilität aus den Augen, könne er nichts anfangen: „Die Umstände haben spezielle Handlungen erfordert. Aber unsere Orientierung bleibt die gleiche“, sagte Trichet am Montag im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Tagung der OeNB in Wien. Er hielt zum wiederholten Male fest, dass die EZB das Geld, das sie durch die Anleihenkäufe in den Markt pumpt, auf anderem Weg wieder abzieht und so die Auswirkungen „sterilisiert“.
Zudem bekräftigte er, dass Preisstabilität und Unabhängigkeit die grundlegenden Prinzipien der EZB seien, an denen auch das „Securities Market Programme“ (SMP) nichts ändere. „Um es in einfachen Worten zu sagen: Wir drucken kein Geld“, so Trichet.
Die EZB kaufe Anleihen nur auf dem freien Markt und nicht den nationalen Regierungen direkt ab. Er versicherte: „Wir haben unsere Entscheidung in voller Unabhängigkeit getroffen.“ Europas ranghöchster Notenbanker reagiert damit auf die Kritik, die EZB habe sich dem Druck der Politik gebeugt. So schreibt der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe, Trichet habe mit dem Tabu der EZB, Mitgliedstaaten Schuldtitel abzukaufen, auf Druck des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy gebrochen.
Schweigen zu den Details
In dem Bericht heißt es, die Zentralbank habe bis zum Ende der vergangenen Woche knapp 40 Mrd. Euro für den Ankauf von Staatsanleihen ausgegeben. Davon sollen 25 Mrd. Euro auf griechische Staatsanleihen entfallen.
Offiziellen Angaben der EZB zufolge hat sie im Rahmen des „Security Market Programme“ (SMP) bis jetzt 26,5 Milliarden Euro vom Anleihenmarkt genommen. Darüber hinaus will man den Bericht bei der EZB nicht kommentieren. Überhaupt hüllen sich die Notenbanker in Frankfurt gern in Schweigen, wenn es um Details zu ihren Anleihenkäufen geht.
Auch dazu, warum man die Einzelheiten unter Verschluss hält, erfährt man in der Pressestelle nichts. Finanzkreisen zufolge hält sich die EZB mit Details zurück, weil es Einfluss auf die Kurse hätte, gäbe man genauere Informationen öffentlich preis.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2010)