Deutscher Test befürwortet Einführung von Riesen-Lkw

(c) AP (FRANK AUGSTEIN)
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Ein Pilotversuch in Nordrhein-Westfalen ergab, dass sogenannte Gigaliner keine Probleme oder Gefahren im Straßenverkehr verursachen. Auch auf kleineren Straßen seien die Riesen-Lkw ohne Probleme zurechtgekommen.

Wien. Keine Freude dürfte man im heimischen Infrastrukturministerium am Freitag beim Blick in die „FTD“ gehabt haben. Das Blatt zitierte aus dem Abschlussbericht des deutschen TÜV über einen Modellversuch in Nordrhein-Westfalen mit sogenannten Gigalinern – Lkw, die statt 40 Tonnen bis zu 60 Tonnen schwer und statt 18,75 bis zu 25,25 Meter lang sein können. Und der Befund der Prüfer fiel dabei äußerst positiv aus.

Die Gigaliner könnten „technisch sicher und verkehrstechnisch gefahrlos betrieben werden“. Auf 1,7 Mio. zurückgelegten Kilometern sei es weder zu Unfällen noch zu Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmern gekommen. Auch auf kleineren Straßen seien die Riesen-Lkw ohne Probleme zurechtgekommen, so das Urteil.

Der deutsche Testversuch widerspricht damit den Befürchtungen der Gigaliner-Gegner, zu denen auch Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) gehört. Sie präsentierte im Vorjahr zwei Studien, wonach Gigaliner einerseits zu einer erhöhten Unfallgefahr auf den Straßen führen würden und andererseits 5,4 Mrd. Euro in die Autobahninfrastruktur investiert werden müssten (vergrößerte Autobahnparkplätze, zusätzliche Leitschienen, verstärkte Brücken).

Nordische Front für Gigaliner

„Wir kennen die deutschen Ergebnisse noch nicht im Detail. Wir stehen Gigalinern aufgrund unserer eigenen Studien jedoch weiterhin ablehnend gegenüber“, hieß es am Freitag aus dem Infrastrukturministerium. In Deutschland will Verkehrsminister Peter Ramsauer (CDU) noch heuer einen bundesweiten Probelauf mit den Riesen-Lkw starten. Sollte auch dieser ein positives Ergebnis liefern, könnte die Front der Gigaliner-Befürworter innerhalb der EU um ein wichtiges Mitglied größer werden.

Vor allem die Skandinavier setzen sich seit Jahren für eine europaweite Erlaubnis der Gigaliner ein. In Schweden sind die 60-Tonner bereits seit 40 Jahren auf den Straßen unterwegs. In anderen Nordländern gibt es schon jahrelange „Pilotversuche“. Strikte Gegner der Riesen-Lkw sind neben Österreich auch Slowenien, Tschechien und das Nicht-EU-Land Schweiz. Das größte Pro-Argument für Gigaliner ist, dass durch sie der CO2-Ausstoß je transportierter Tonne fällt und der Transport um rund 20 Prozent günstiger wird. Laut einer in Deutschland durchgeführten Verkehrsfluss-Simulation würde durch sie die Gesamtzahl der Lkw sinken.

Stimmt nicht, meinen dazu die Gegner der Gigaliner. Aufgrund der geringeren Kosten würde es zu einer drastischen Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße kommen. Unterschiedliche Studien sprechen von zehn bis 75 Prozent weniger Güterverkehr auf der Schiene. Dadurch würde die Gesamtzahl der Lkw und somit auch der CO2-Ausstoß steigen.

2007 wurde die Einführung der Gigaliner auf EU-Ebene abgelehnt. Dennoch steht das Thema weiter regelmäßig auf der Agenda. So hat die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf erstellt, mit dem die bestehenden Längen- und Höhenmaße bei Lkw per gesteigerter Toleranzen erhöht würden. „Der Druck in Richtung Gigaliner ist ständig im Steigen“, meint dazu ein Sprecher von Bures.

Auf einen Blick

Lkw dürfen in den meisten EU-Ländern maximal 18,25 Meter lang und 40 Tonnen schwer sein. In Nordeuropa sind auch „Gigaliner“ (25,25 Meter lang, 60 Tonnen schwer) erlaubt. Diese Länder drängen auf eine EU-weite Einführung der Riesen-Lkw. Ein deutscher Pilotversuch stellte den Gigalinern ein gutes Zeugnis aus. Österreich ist gegen die Einführung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2011)

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