Ruttenstorfer: "Dort hingehen, wo das Öl zu finden ist"

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Der scheidende OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer spricht in seinem Abschiedsgespräch über die Öl-Geschäfte des heimischen Mineralölkonzerns mit Libyen und warum er rückblickend einer Verbund-Fusion nachtrauert.

Wien. „Natürlich habe ich auch persönliche Gedanken zu dem Thema. Ich bin allerdings bestellt worden, um Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen. Und wir halten uns an alle bestehenden Sanktionen.“ Mit diesen Worten verteidigte OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer die am Mittwoch von den Grünen scharf kritisierte Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen mit der libyschen National Oil Company (NOC). Wie berichtet, kauft die OMV nach wie vor Öl bei der NOC, die als Devisenbringer für den libyschen Diktator Muammar Gaddafi gilt. Ein Stopp des Ölkaufs ohne entsprechende Sanktionen steht laut Ruttenstorfer nicht zur Debatte.

Das über 25-jährige Engagement der OMV in Libyen könne trotz der gegenwärtigen Situation nicht als „falsch“ bezeichnet werden, sagte Ruttenstorfer weiter. „In den vergangenen Jahren haben sich dort die Staatschefs die Klinke in die Hand gegeben. Es stand uns als Unternehmen nicht zu, Libyen anders zu bewerten.“ Denn auch wenn die OMV ihr Öl zu 80 Prozent in EU- oder OECD-Ländern (Rumänien, Österreich und Neuseeland) fördert, sei es unumgänglich, in politisch heikleren Regionen aktiv zu werden. „Wir müssen dort hingehen, wo das Öl zu finden ist“, sagte der scheidende OMV-Chef anlässlich seines Abschiedsgespräches mit Journalisten.

Grundsätzlich sei der Umbau der OMV von einem nationalen Raffinerie- und Tankstellenbetreiber zu einem internationalen „Explorationskonzern“ sein größter Erfolg, meinte Ruttenstorfer im Rückblick auf seine zehnjährige Zeit an der Spitze des Unternehmens. „2001 brachte die Ölförderung weniger als 50 Prozent der Gewinne, inzwischen sind es über 75 Prozent.“ Der Ausbau dieses lukrativen Segments hat nicht nur zu einer Vervierfachung des jährlichen Betriebsgewinnes geführt, sondern auch den Börsenkurs beflügelt. War der Konzern 2001 noch 2,5 Mrd. Euro wert, sind es heute 9,2 Mrd. Euro.

Petrom machte OMV international

Der wichtigste Schritt bei diesem Ausbau war der Kauf der rumänischen Petrom im Jahr 2004. Durch diese Übernahme wurde die OMV ein entscheidender Spieler in Südosteuropa. Außerdem konnte der Konzern sich so verhältnismäßig große Vorkommen an Öl und Gas für die eigene Förderung langfristig sichern. Und vor allem das Gas wurde während der zehn Jahre mit Ruttenstorfer an der Spitze bei der OMV immer wichtiger: Während sich die Ölproduktion seit 2001 verdreifachte, stieg die Förderung von Gas fast auf das Sechsfache.

„Wir haben uns auf den Weg begeben – von Öl zu Gas zu Strom und schlussendlich zu den Erneuerbaren“, so Ruttenstorfer. Inzwischen baut der Konzern nicht nur Kraftwerke in der Türkei, mit denen aus Gas Strom produziert wird, sondern auch einen Windpark in Rumänien. Daher sei die OMV auch „vorbereitet“ auf die Veränderungen, die etwa die Klimaziele der Politik mit sich brächten: „Es ist ein Blödsinn, wenn jemand behauptet, dass wir erneuerbare Energieträger behindern würden.“ Die Änderungen des Energiesystems sehe man nämlich „emotionslos“. Dennoch ist für Ruttenstorfer eine OMV ganz ohne Öl „nicht vorstellbar“.

Da die Bedeutung von Strom künftig weiter steigen wird, sieht Ruttenstorfer die gescheiterte Fusion mit dem Verbund auch als seine größte Niederlage als OMV-Chef an. 2006 scheiterte der Zusammenschluss der beiden größten börsenotierten heimischen Unternehmen an dem Widerstand der am Verbund beteiligten Bundesländer. „Diese Verbindung wäre wirklich zukunftsträchtig gewesen“, so Ruttenstorfer im Rückblick. Das Scheitern war daher schmerzlicher als jenes bei der versuchten Übernahme der ungarischen MOL zwei Jahre später. „Manche sagen, wir hätten weniger probieren sollen. Dieser Meinung bin ich nicht“, sagt er zu der nach dem MOL-Scheitern aufgekommenen Kritik.

In Zukunft nur noch Aufsichtsrat

Die OMV hinterlasse er seinem Nachfolger Gerhard Roiss, der ab April den Vorstandsvorsitz übernimmt, als „gut aufgestellt“. „Jetzt sollen aber neue Impulse für das Unternehmen kommen.“ Er freue sich, in der Pension mehr Zeit für Familie und Privates zu haben.

Zusätzlich will er als Aufsichtsrat in verschiedenen Firmen aktiv bleiben. Keinen Ärger verbindet Ruttenstorfer mehr mit dem Insiderprozess, bei dem er in erster Instanz freigesprochen wurde, der aber seine Bestellung zum ÖIAG-Chef verhinderte: „Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es jemand anderer geworden ist.“

Auf einen Blick

Wolfgang Ruttenstorfer geht per Ende April als OMV-Chef in Pension. In seinen zehn Jahren an der Spitze des Ölkonzerns stieg die Produktion von Öl um das Dreifache, jene von Gas um das Sechsfache an. Die OMV wurde zu einem internationalen Konzern. Auch der Börsenwert des Unternehmens vervierfachte sich nahezu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2011)

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