Noch könne die EZB auf das Bond-Kaufprogramm aber nicht verzichten. Der Nationalbankgouverneur kritisiert die starke Herabstufung von Italien. Ein AAA-Rating für ESM hält er nicht für unbedingt nötig.
Die Europäische Zentralbank (EZB) will aus ihrem milliardenschweren Kaufprogramm für Staatsanleihen aussteigen. Die EZB erteilt damit Forderungen der Politik eine Absage, sie sollte sich stärker an der Krisenbewältigung beteiligen. "Wir sind dabei, mögliche Alternativen zu diskutieren, diese Diskussion ist aber nicht so weit gediehen, dass man derzeit auf das SMP (Bond-Kaufprogramm) verzichten kann", sagte OeNB-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny im Interview mit der Onlineausgabe des "Wall Street Journal Deutschland". Ein Triple-A für den Euro-Rettungschirm ESM sei nicht unbedingt notwendig.
In welche Richtung die Überlegungen gehen, wollte Nowotny nicht sagen: "Das ist eine Diskussion, die das gesamte geldpolitische Spektrum umfasst." Für die Staatsanleihekäufe der Eurozone-Zentralbanken gebe es quantitative Obergrenzen. Ob diese Obergrenzen genutzt würden, ergebe sich aus der Marktlage.
Starke Abstufung Italiens "keine große Hilfe"
Nowotny verteidigte im Interview die Anleihekäufe der EZB: "Dass man irgendwelche Interventionen braucht, ist weithin anerkannt". Doch im EZB-Rat halte sich Skepsis gegenüber den Bondkäufen, "weil wir die Befürchtung haben, dass die Marktunvollkommenheiten, die wir damit beheben wollen, möglicherweise an anderer Stelle wieder auftreten."
Kritik übte Nowotny an den jüngsten Ratingherabstufungen durch Standard & Poor's (S&P). Diese seien zwar "umfassend", aber "sehr unterschiedlich" ausgefallen. "Was mir persönlich als besonders gravierend erscheint, ist die starke Herabstufung Italiens um zwei Stufen. Zweifellos wird 2012 die Frage einer Sicherung der Refinanzierung sowohl der öffentlichen Haushalte als auch des Bankenbereiches hier eine erhebliche Rolle spielen. Und da hat diese Aktion sicherlich keine große Hilfe geleistet", so Nowotny.
Nowotny: Rolle der EZB für Geldpolitik
Eine stärkere Rolle der Zentralbank bei der Lösung der Euro-Schuldenkrise lehnte Nowotny ab. "Die EZB ist nach EU-Vertrag und EZB-Statut die zentrale Instanz für die Geldpolitik im Euroraum. Sie ist aber nicht der einzige ökonomische Akteur", sagte der Notenbanker.
Nowotny warnte davor, den künftigen dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM um jeden Preis mit einem Triple-A-Rating haben zu wollen. "Es wird zu überlegen sein, ob für die Zwecke des ESM ein AAA in dieser Form überhaupt notwendig ist." Es gehe darum, Kredite zu vergeben, die günstiger seien, als sie am Markt zu bekommen seien. "Aber das muss ja nicht heißen, dass dieser Abstand so groß ist, wie er derzeit ist", so Nowotny.
Keine weitere Zinssenkung geplant
Für den Fall einer deflationären Bedrohung schließt Nowotny weitere unkonventionelle Maßnahmen der EZB nicht aus. Die Zentralbank habe als Aufgabe, ein Verfehlen der Preisstabilität sowohl nach oben wie auch nach unten zu verhindern und dafür die jeweils geeigneten Instrumente einzusetzen. Was das dann im Einzelnen sei, müsse sich von Fall zu Fall ergeben.
Laut Nowotny plant die EZB in nächster Zeit keine weitere Zinssenkung. "Man muss davon ausgehen, dass die EZB in den letzten Monaten deutliche Schritte gesetzt hat und zwar sowohl im Bezug auf Zinssenkungen als auch in Bezug auf die massive Ausweitung der Liquiditätsbereitstellung, und wir sind alle übereinstimmend der Meinung, dass es jetzt erst einmal darum geht, die Wirkungen dieser Maßnahmen voll zu erfassen, diese Maßnahmen voll wirken zu lassen. Erst dann wird man weitere Beschlüsse fassen", sagte Nowotny.
(APA/Ag.)