Island steuert auf den Finanzcrash zu

Island könnte als erster Staat Opfer der weltweiten Kreditkrise werden.

Reykjavik. (höll/Reuters). Die isländische Regierung hat wegen der Finanzkrise ein milliardenschweres Rettungspaket angekündigt. Die Aktien der größten Banken des Landes wurden am Montag vom Handel ausgesetzt. Davon ist auch die Kaupthing-Bank, die in Österreich mit aggressiven Sparzinsen wirbt, betroffen. Mit Island steuert erstmals ein ganzes Land dem Crash zu. In Reykjavik jagt eine Krisensitzung die nächste. Laut Medienberichten soll eine Finanzspritze von skandinavischen Zentralbanken und Pensionsfonds das Bankensystem des kleinen Landes retten. Bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Wien häufen sich die Anfragen besorgter Sparer. „Wir beaufsichtigen Kaupthing nicht. Das Institut unterliegt nicht der österreichischen Einlagensicherung“, sagt der FMA-Sprecher. Kauphting ist daher auch von der Garantie des österreichischen Staates für Sparguthaben ausgeschlossen. In Fragen der Einlagensicherung müssen sich Kunden nach Reykjavik wenden. In der Vorwoche musste Island die Glitnir Bank mit einer Finanzspritze vor dem Zusammenbruch bewahren. Diese Aktion löste auf der 320.000 Einwohner zählenden Insel Panik aus. Viele Investoren fürchten, dass der Staat nicht über genug finanzielle Mittel verfügen könnte, um im Notfall weitere Institute zu retten.

Denn allein die Verbindlichkeiten der drei größten isländischen Banken sind rund neunmal so hoch wie das isländische Bruttosozialprodukt. Die isländische Krone hat gegenüber dem Euro in den vergangenen Monaten rund 70 Prozent ihres Werts eingebüßt. Aus Sorge um den Bankensektor haben internationale Agenturen Islands Schuldenrating herabgestuft. Mittlerweile soll sogar die Benzinversorgung gefährdet sein. Der Chef der isländischen Ölgesellschaft N1, Herman Gudmundsson, sagte, es könne „in Kürze zu Engpässen von Öl geben, weil einfach keine Dollar da sind“.

Die Expansion von Kauphting nach Österreich hängt mit der Finanzkrise zusammen. Die isländischen Banken waren bislang auf Firmenkunden spezialisiert. Sie haben die stark kreditgetriebene Investitionswelle isländischer Firmen in Nordeuropa unterstützt, was angesichts der hohen Zinsen nicht gerade billig ist. Zum Liquiditätsausgleich bauen die Institute nun schnell das Geschäft mit Sparkunden auf. Sie müssen dabei primär im Ausland wachsen, da es in Island nicht so viele Einwohner gibt. Die Spareinlagen sollen zur Refinanzierung des Kreditgeschäfts verwendet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2008)


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