Als die Griechen den Deutschen ihre Schulden erließen

Griechen Deutschen ihre Schulden
Griechen Deutschen ihre Schulden(c) EPA (Orestis Panagiotou)
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Heute fühlen sich viele Deutsche als Zahlmeister. Ein Blick zurück zeigt: 1953 war Deutschland auf die Großzügigkeit seiner Gläubiger angewiesen.

"Macht Deutschland wieder den Zahlmeister?", fragte die Bild-Zeitung bereits im Mai 2010 und auch "Die Welt" stellte im November des Vorjahres fest: "Deutschland wird zum Zahlmeister der Eurozone". An der Stimmung hat sich in Deutschland, aber auch in den anderen "reichen" Ländern der EU bis heute wenig verändert. Das Verständnis für Griechenland, das finanzielle Fass ohne Boden, hält sich zunehmend in Grenzen. Ein Blick nicht einmal 60 Jahre zurück zeigt allerdings: Es gab auch eine Zeit, "als Deutschland Europas Griechenland war" ((c) Welt am Sonntag").

Am 27. Februar 1953 wurde das Londoner Schuldenabkommen unterzeichnet. Deutschland war damals auf die Großzügigkeit seiner Gläubiger - unter ihnen Griechenland - angewiesen. "Damals hat man uns geholfen, das muss man den Menschen schon mal ins Gedächtnis rufen", sagt die Historikerin Ursula Rombeck-Jaschinski von der Uni Düsseldorf.

"Es war kein Pappenstiel"

Die Bundesrepublik Deutschland brauchte damals dringend Auslandskredite. Doch das Land hatte mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 die Einzahlung der Schulden gegenüber Frankreich und Großbritannien eingestellt. Auch an andere Länder, wie den USA, war seit Jahren kein Geld mehr geflossen. Um die Kreditwürdigkeit Deutschlands wieder herzustellen war also ein Schuldenschnitt notwendig.

"Es ging um knapp 30 Milliarden D-Mark aus Auslandsschulden der Vorkriegszeit und der Wiederaufbauhilfe der Alliierten seit 1945", schreibt dazu "Die Welt". Und: "Angesichts eines Bundeshaushalts von knapp 24 Milliarden Mark im Jahr 1952 war es kein Pappenstiel. Andererseits entsprachen 30 Milliarden Mark selbst 1952 nicht einmal einem Viertel der Jahreswirtschaftsleistung. In Griechenland, das aktuell wohl nichts gegen einen Forderungsverzicht hätte, entspricht die Staatsschuld von bald 345 Milliarden Euro 153 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft".

Radikaler Schuldenschnitt

Laut Rombeck-Jaschinski einigten sich die USA und Großbritannien bereits vor Beginn der seit Februar 1952 tagenden Konferenz in London, dass die Amerikaner auf nahezu zwei Drittel ihrer Aufbaugelder verzichten werden, die Briten auf 40 Prozent. Dies blieb aber vorerst geheim.

Doch auch nach Unterzeichnung des Schuldenabkommens war die Skepsis groß. "Nicht wenige, die in London ihre Unterschrift unter das Abkommen setzten, waren skeptisch, ob die Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Jahren in der Lage sein würde, die in London vereinbarten Zahlungen von insgesamt DM 14 Milliarden auch tatsächlich zu leisten",  schreibt die Historikerin in ihrem Buch "Das Londoner Schuldenabkommen".

"Auch hier war es schon einmal ähnlich"

"Wenn das Londoner Abkommen bekannter wäre, würden die Deutschen in Bezug auf Griechenland vielleicht etwas weniger überheblich sein - sie wüssten dann, dass es auch hier schon einmal ähnlich war", sagt der Historiker Ekkehard Kraft im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Diskussion um Griechenland würde vielleicht weniger emotional geführt werden, vermutet er.

Das Londoner Abkommen war jedenfalls nicht unumstritten. "Viele befürchteten anfangs, Deutschland könne das vielleicht gar nicht alles bezahlen", sagt Rombeck-Jaschinski. Die Stimmung vor Abschluss der Verhandlungen war ziemlich pessimistisch - wie eine Bemerkung des damaligen CSU-Finanzministers Fritz Schäffer an den Delegationsleiter Hermann Josef Abs verdeutlicht: "Herr Abs, wenn Sie es gut machen, werden Sie an einem Apfelbaum, wenn Sie es schlecht machen, an einem Pflaumenbaum aufgehängt."

(Red./Ag.)


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