Der Druck auf die österreichische Finanzministerin, dem automatischen Informationsaustausch zuzustimmen, nimmt zu. Die Schwergewichte in der EU wollen das US-Regelwerk FATCA als Standard etablieren.
Wien/Brüssel. Allein auf weiter Flur. Diese Beschreibung trifft auf die Situation zu, in der sich Finanzministerin Maria Fekter bei dem Treffen mit ihren EU-Ressortkollegen in Dublin befunden hat. Nach dem Ausscheren Luxemburgs sah sich Fekter am Freitag einer geschlossenen Front gegenüber – und markierte Entschlossenheit: Österreichs Bankgeheimnis werde noch lange in der Verfassung stehen. Ob Wien die Vorbehalte gegenüber dem automatischen Informationsaustausch aufgeben werde, sei „nicht entschieden“.
Freilich: Was nach Kampfeslust klingt, entpuppt sich beim genaueren Hinhören als lautes Pfeifen im dunklen Wald. Die Chancen Österreichs, das Bankgeheimnis in der bisherigen Form beizubehalten, sinken gegen null. Der Druck der europäischen Partner – insbesondere Frankreichs und Deutschlands – steigt unaufhörlich. Österreich habe nach dem Einlenken Luxemburgs kein Recht mehr, sich querzustellen, meint etwa der Vorsitzende der CSU-Europa-Gruppe im EU-Parlament, Markus Ferber, gegenüber der „Presse“. So wurden die Sonderregelungen, die Österreich im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen zugestanden wurden, an die Regelungen Luxemburgs geknüpft. Auch Belgien war als drittes EU-Land zu dieser Ausnahme berechtigt, ging ab Ende 2009 aber freiwillig zum automatischen Informationsaustausch über. „In dem Maß, in dem sich nun Luxemburg beim Bankgeheimnis bewegt, sollte sich auch Österreich bewegen“, fordert Ferber.
Das Argument Fekters, der Informationsaustausch greife „massiv“ in die Privatsphäre ein, will Ferber nicht gelten lassen. Steuerehrlichkeit habe damit zu tun, dass jeder Bürger einen Beitrag zum Gemeinwohl zu erbringen hat. „Bei einem grenzüberschreitenden Finanzmarkt und einer gemeinsamen Währung kann es nicht sein, dass einzelne Länder Sonderregelungen in Anspruch nehmen, die das untergraben.“
Drohung mit schwarzer Liste
Warum die EU-Partnerländer derart Druck machen, ist schnell erklärt: In Steuerrechtsfragen gilt das Prinzip der Einstimmigkeit, ohne österreichischen Sanktus kann die Zinssteuerrichtlinie also nicht verändert werden. Sollte Österreich dennoch auf seiner Position beharren, will Ferber „über andere Maßnahmen nachdenken, Druck auf Österreich auszuüben“. Zwar wolle er nicht „gleich mit der schwarzen Liste“ drohen, wie dies der neue französische Budgetminister, Bernard Cazeneuve, am Donnerstag getan hat. Jedoch gebe es „im europäischen Geschäft immer Interessen, die auch Österreich betreffen. Da wird sich die Freundschaft, so etwas zu unterstützen, in Grenzen halten.“
Mittlerweile muss sogar die Schweiz detaillierte Informationen über Kontoinhaber herausrücken – zumindest gegenüber den USA, die Bern dazu gebracht haben, das sogenannte FATCA-Abkommen zu unterzeichnen. Und FATCA dürfte auch für das österreichische Bankgeheimnis zum Sargnagel werden.
Der „Foreign Account Tax Compliance Act“ verpflichtet Banken dazu, Informationen über die Konten von US-Bürgern (es geht vor allem um Dividenden, Zins- und Kapitalerträge) an US-Behörden weiterzugeben. Auch Österreich verhandelt bereits über einen FATCA-Beitritt. Die österreichische Unterschrift würde allerdings bedeuten, dass Wien mehr Informationen nach Washington als an die EU-Hauptstädte übermitteln würde – und dies wäre ein Bruch des Meistbegünstigungsprinzips.
FATCA steht auch im Mittelpunkt der Verhandlungen zwischen den USA und Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien sowie Spanien. Die großen EU-Staaten wollen FATCA überhaupt als multilateralen Standard für den Austausch von Bankinformationen verankern. In einem Brief an EU-Steuerkommissar Algirdas Šemeta, der der „Presse“ vorliegt, kündigen die Finanzminister der fünf Länder an, einen „internationalen Standard“ entwickeln zu wollen: „Wir hoffen, dass Europa bei dem automatischen Informationsaustausch eine globale Führungsrolle übernehmen kann.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2013)