Elon Musk: Der Henry Ford des 21. Jahrhunderts

Chief Executive of SpaceX and Tesla Motors Elon Musk arrives at the 2014 Vanity Fair Oscars Party in West Hollywood
Chief Executive of SpaceX and Tesla Motors Elon Musk arrives at the 2014 Vanity Fair Oscars Party in West HollywoodREUTERS
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Elektroautos für jedermann, Flüge zum Mars und eine "Rohrpost", die Menschen mit 1200 km/h durch die Gegend befördert. Die Visionen von Tesla-Chef Elon Musk muten wie Science-Fiction an.

Es war eine Ankündigung nach dem Geschmack von Elon Musk: Tesla werde bis 2017 in den USA eine Gigafabrik für Lithium-Ionen-Akkumulatoren errichten, in der bereits 2020 das Doppelte der heutigen Weltproduktion vom Band laufen soll. Dadurch werde der Pferdefuß von Elektroautos – die zu teuren Batterien und die dadurch geringe Reichweite – endgültig behoben, ließ das US-Unternehmen vor eineinhalb Wochen die Weltpresse wissen.

Wäre diese selbstbewusste Ankündigung von jemand anderem gekommen, hätte sie vielfach wahrscheinlich nur Kopfschütteln und skeptische Kommentare hervorgerufen. Die Worte von Tesla führten hingegen zu Euphorie im medialen Blätterwald und zu einem neuerlichen Run auf die Aktien – der Börsenwert legte innerhalb weniger Tage um fast ein Viertel zu.

Das Unternehmen, das im Vorjahr etwas mehr als 20.000 Autos verkaufen konnte, ist auf den Aktienmärkten somit bereits halb so viel wert wie der US-Konzern General Motors, der immerhin neun Millionen Fahrzeuge pro Jahr an den Mann bringen kann. Kaum jemand sieht das gerade einmal elf Jahre alte Unternehmen daher nicht als schwer überbewertet an. Gleichzeitig will niemand den Fehler wiederholen, der schon zu oft gemacht wurde: Elon Musk zu unterschätzen.

Die Geschichte von Musk beginnt in seiner Heimat Südafrika. Dort wird Musk in der Hauptstadt Pretoria im Jahr 1971 als Sohn eines kanadischen Models und eines südafrikanischen Ingenieurs geboren. Er gilt – wie so viele Kinder – bereits in frühen Jahren als hochbegabt. Er liest Lexika und interessiert sich für Science-Fiction und Computer. Und er findet schnell heraus, wie er mit seinen Ideen Geld machen kann. Schon als Zwölfjähriger programmiert er ein Raumschiffspiel, das er für umgerechnet 500 Dollar an eine Spielezeitschrift verkauft.


Internetmillionär. Mit 17 verlässt er Südafrika gegen den Willen seiner Eltern und zieht nach Kanada. Erstens sieht er in Nordamerika mehr Chancen, zweitens will er im damaligen Apartheid-Regime nicht im Militär dienen. „Schwarze zu unterdrücken, schien mir kein guter Weg zu sein, meine Zeit zu verbringen“, sagt er später in einem seiner raren Interviews. Stattdessen studiert er Wirtschaft und Physik. Zuerst im kanadischen Ontario, dann in Philadelphia. Als er für sein Doktorat an die berühmte Stanford-Universität in Kalifornien kommt, hat er jedoch bereits einen Plan: Er will Unternehmer werden.

Seine Interessen sind seit Kindheitstagen moderne Fortbewegungsmittel – also Raketen oder Elektroautos. Doch es ist 1995. Das wichtigste Thema in Stanford und dem nahen Silicon Valley ist das Internet. Musk verlässt Stanford bereits nach zwei Vorlesungen in seiner ersten Woche und gründet zusammen mit seinem Bruder die Software-Firma Zip2, die ein System entwickelt, mit der Verlage Inhalte im Internet präsentieren können. Ein Dienst, der etwa von der „New York Times“ oder der „Chicago Tribune“ gern in Anspruch genommen wird. 1999 verkauft Musk die Firma für 307 Mio. Dollar an Compaq – die bis zu diesem Zeitpunkt höchste je für ein Internet-Start-up gezahlte Summe. Seinen Anteil von rund 20 Mio. steckt er sofort in sein nächstes Projekt X.com. Diesmal geht es um sicheres Bezahlen im Internet. Schon kurz nach der Gründung fusioniert er mit dem Konkurrenten Confinity, das gemeinsame Produkt heißt Paypal. 2002 wird der bis heute größte Internet-Bezahldienst für 1,5 Mrd. Dollar an eBay verkauft. Musk ist nun 31 und dreistelliger Internet-Millionär.

An dieser Stelle endet meist die Dotcom-Erfolgsgeschichte. Viele der jungen Millionäre ziehen sich in ein gemütliches Leben als Privatier und Investor zurück. Nicht so Musk. Nun hat er endlich das Geld für seine wahre Leidenschaft. Er gründet 2002 SpaceX, eine Firma, die Raumflüge erschwinglich machen soll und steigt 2003 bei Tesla ein. Zuerst ist er nur Aufsichtsratschef, ein paar Jahre später übernimmt er auch dort die operative Führung.


Die Krise. Doch trotz Millionen an Startkapital und großen Visionen läuft der Beginn in beiden Firmen nicht so rund, wie Musk es von der Internet-Zeit her gewohnt war. Die ersten drei Raketen von SpaceX scheitern erbärmlich. Und auch Tesla hat anfangs große Probleme, den neuartigen Ansatz (statt neu entwickelter großer Batteriezellen wird eine Vielzahl an bereits ausgereiften Laptop-Akkus verwendet) in die Realität umzusetzen. Im Jahr 2008 kommt dann auch noch die allgemeine Krise hinzu. Musk, der ursprünglich nur die Hälfte seines einst bei Paypal verdienten Geldes investieren wollte, steht vor der Entscheidung: Investiert er all sein Geld oder sieht er dabei zu, wie die Firmen untergehen. „Es wäre für mich absolut inakzeptabel, wenn die Firma den Bach runterginge und ich danebenstehe und mein Geld in Sicherheit bringe“, sagt er später. Deshalb setzt er bis auf den letzten Dollar alles auf eine Karte und muss sich sogar die Miete von einem Freund ausborgen. Doch Musk gewinnt. Im vierten Anlauf schafft SpaceX den ersten privaten Flug in den Orbit, mit einem Drittel der bis dahin notwendigen Kosten. Kurz darauf erhält er einen 1,6-Milliarden-Dollar-Vertrag mit der Nasa. 2012 bringt SpaceX erstmals als Privatfirma Nachschub auf die internationale Raumstation ISS.

Bei Tesla gelingt der Turnaround ebenfalls (auch dank des Einstiegs von Daimler und eines knapp 465-Mio.-Dollar-Kredits der US-Regierung, den Musk im Vorjahr – neun Jahre vor dem Termin – vollständig zurückgezahlt hat). Die 2013 vorgestellte Limousine Modell S mit über 300 Kilometern Reichweite überzeugt die Fachwelt und zunehmend auch die Kunden. Demnächst soll ein SUV und in „drei bis vier Jahren“ ein Mittelklasseauto zum Preis von rund 30.000 Euro auf den Markt kommen. Und dann will Tesla auch die Versprechen halten, die es an der Börse bisher gegeben hat.

Die Visionen von Musk sind damit aber noch nicht erfüllt. So sieht er die Besiedelung des Mars als sein Langfristziel in der Raumfahrt. Und auf der Erde dürfte sein wöchentliches Pendeln der 600 Kilometer zwischen Los Angeles (SpaceX) und San Francisco (Tesla) zur neuesten Idee geführt haben: dem Hyperloop: einer Art „Rohrpost“ zur Personenbeförderung, in der Kapseln für bis zu 20 Personen in einer Unterdruckröhre mit bis zu 1200 Stundenkilometern durch die Gegend befördert werden. Diese Idee will er aus Zeitgründen aber nicht selbst umsetzen. Zumindest vorerst.

Der neue Jobs?

1971 wird Elon Musk in Südafrika geboren. 1988 geht er nach Kanada. 1995 gründet er seine erste Firma, die er 1999 verkauft. 2002 gründet er SpaceX, 2003 steigt er bei Tesla ein. Häufig wird Musk mit Steve Jobs verglichen, für die Hauptfigur im Film „Iron Man“ war er das Vorbild.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2014)

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