Eine Regeländerung soll der Europäischen Zentralbank auch den Ankauf von risikoreicheren ABS-Papieren ermöglichen, berichtet die "Financial Times".
Wenn der EZB-Rat morgen im italienischen Neapel zusammentrifft, könnte ein neuer Vorschlag für intensive Diskussionen sorgen. Denn im Kampf gegen eine Kreditklemme will EZB-Chef Mario Draghi einem Bericht der "Financial Times" (FT) vom Mittwoch zufolge auch Ramschpapiere aus Griechenland und Zypern aufkaufen lassen. Das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) werde vorschlagen, die Regeln entsprechend zu ändern, berichtet die Zeitung unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.
Betroffen sind demnach gebündelte Kredite, deren Gläubiger bei Kreditausfall als letzte haften. Sie gelten daher als sicherer. Mit sogenannten ABS-Papieren können Banken Kredit-Risiken bündeln, aus ihren Bilanzen auslagern und an den Markt bringen. Idealerweise haben sie damit mehr Mittel frei, um neue Darlehen zu vergeben.
Deutschland gegen Vorschlag
Die EZB ließ den FT-Artikel unkommentiert. Für Spannung scheint jedenfalls gesorgt. Der einflußreiche Chef der deutschen Notenbank, Jens Weidmann, plädiert dafür, "wenn überhaupt, dann risikoarme Papiere" aufzukaufen. Banken dürften nicht zulasten der Steuerzahler von Risiken befreit werden, betonte er jüngst. Doch er könnte am Donnerstag überstimmt werden. Damit könnten sich insbesondere die Spannungen zwischen der Bundesbank und der EZB erhöhen. Sollte das Gremium den Vorschlag annehmen, dürfte die Notenbank Papiere aus allen 18 Mitgliedstaaten der Eurozone kaufen.
Nach Ansicht von Commerzbank-Ökonom Michael Schubert läuft dies auf Symbolpolitik hinaus: "Damit sich kein Land benachteiligt fühlt, sollen in allen Ländern Papiere gekauft werden." Der Ruf Griechenlands und Zyperns gilt unter Investoren jedoch als ramponiert, da beide Staaten nur durch Milliarden-Hilfen der EU-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Pleite bewahrt wurden.
Neue Marschroute von Draghi?
Mit dem Ankauf von ABS-Papieren aus diesen beiden Staaten würde die EZB von ihrer bisherigen Marschroute abweichen. Draghi hatte erst jüngst betont, nur ABS-Papiere von solcher Qualität kaufen zu wollen, die auch für die Ausgabe von frischem Geld an die Banken als Pfand akzeptiert werden. In Griechenland und Zypern gibt es solche mit Forderungen besicherte Papiere hoher Güte jedoch kaum. Falls die Notenbank nun die Regeln absenken sollte, würde sie zugleich mehr Risiken in ihre Bilanz nehmen. Dies wäre Wasser auf die Mühlen der Kritiker Draghis, die ihm vorwerfen, die Zentralbank zur Deponie für gefährliche Papiere machen zu wollen: "Je größer die Risiken sind, die die EZB auf ihre Bilanz nimmt, desto mehr mutiert sie zur Bad Bank", warnt Schubert.
Draghi wird in Neapel voraussichtlich Details zum geplanten Aufkauf der Kreditverbriefungen bekanntgeben. Die Maßnahmen sollen Banken dazu ermuntern, mehr Darlehen an kleine und mittelständische Firmen im Süden der Eurozone zu vergeben. Die EZB will den Geldinstituten ab Oktober neben ABS auch Pfandbriefe abkaufen. Während diese als solide Anlage gelten, kämpfen Kreditverbriefungen mit einem zweifelhaften Ruf: Sie galten in den USA wegen ihrer undurchsichtigen Strukturen als Brandbeschleuniger der globalen Finanzkrise von 2007/08.
(APA/Reuters)