VW drohen Milliardenstrafen und möglicher Schadenersatz

Symbolbild zur Krise bei Volkswagen Emblem VW liegt weggeworfen am Straszenrand im Herbstlaub
Symbolbild zur Krise bei Volkswagen Emblem VW liegt weggeworfen am Straszenrand im Herbstlaubimago/Ralph Peters
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Nicht nur die belogenen US-Kunden des VW-Konzerns sollen Schadenersatz erhalten, fordert der nordrhein-westfälische Justizminister Kutschaty.

Als dritte große Ratingagentur hat auch Moody's den Daumen über Volkswagen gesenkt. Die Bonitätswächter drohen mit einer Herabstufung und senkten den Ausblick für die Kreditwürdigkeit von "stabil" auf "negativ" . Die Ratingagenturen Fitch und S&P hatten bereits zuvor erklärt, die Bonitätsnote des weltgrößten Autobauers auf eine Herabstufung zu prüfen.

Doch das ist gegenwärtig nicht das größte Problem für den  gebeutelten Volkswagenkonzern, nachdem die US-Umweltbehörde EPA aufgedeckt hatte, dass bei VW-Dieselfahrzeugen die Abgaswerte manipuliert worden waren. Mit Hilfe einer speziellen Software wurden im Testbetrieb deutlich weniger gesundheitsschädliche Stickoxide gemessen als im regulären Betrieb. Diese Software ist nach Unternehmensangaben weltweit in elf Millionen Autos von Volkswagen eingebaut, in den USA sind fast 500.000 Fahrzeuge betroffen.

Mehrere US-Bundesstaaten machen mobil

Die größten Dimensionen nehmen die Ermittlungen gegen Volkswagen in den USA an. Mehrere Bundesstaaten schließen sich für die Untersuchung zusammen, wie die Staatsanwaltschaft von Illinois am Donnerstag mitteilte. Mindestens 29 Staatsanwälte seien inzwischen dabei. Allein hier drohen dem Wolfsburger Konzern Milliardenstrafen. Die Emissionsschutzbehörde des US-Bundesstaats Kalifornien kündigte am Donnerstag umfassende Schritte an. Es sei allerdings noch zu früh zu sagen, welche Strafen gegen das Unternehmen verhängt werden, ergänzte Behördenchefin Mary Nichols.

Mittlerweile wurde zudem bekannt, dass der Konzern bereits im April in den USA versucht hat, die Manipulationen durch einen verdeckten Rückruf von Dieselautos zu beheben. Das Unternehmen forderte Halter von VW- und Audi-Fahrzeugen auf, ihre Autos in die Werkstätten zu bringen, um eine neue Software aufzuspielen. Nichols sagte, Kalifornien wolle auch die Rückrufaktion unter die Lupe nehmen.

Zudem will die US-Regierung die gesundheitlichen Auswirkungen des Abgas-Skandals bei Volkswagen-Fahrzeugen genau prüfen. "Wir nehmen diese Anschuldigungen und ihre möglichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Luftverschmutzung in den USA sehr ernst", erklärte ein Sprecher des US-Justizministeriums am Donnerstag in Washington. Das Ministerium arbeite bei der Aufklärung eng mit der US-Umweltbehörde (EPA) zusammen. Diese hatte den Fall ans Justizministerium übergeben. Dem Wolfsburger Konzern drohen in den Vereinigten Staaten Milliardenstrafen sowie weitere Kosten durch eine Rückrufaktion und mögliche Schadenersatzzahlungen.

Mehrere Länder kündigen Tests an

Mehrere Länder haben inzwischen angekündigt, Autos erneut zu testen. "Wo es nötig sei", würden Tests im Labor wiederholt und die Ergebnisse mit tatsächlichen Emissionen verglichen, sagte der britische Verkehrsminister Patrick McLoughlin am Donnerstag in London. Die Regierung nehme die "inakzeptable Vorgehensweise" bei Europas größtem Autobauer "extrem ernst". Großbritannien fordere, europaweit zu untersuchen, welche Autos betroffen seien, sagte McLoughlin.

In Italien suchen die Behörden auch in Fahrzeugen anderer Marken nach entsprechender Emissionssoftware. Verkehrsminister Graziano Delrio erklärte am Donnerstag, 1.000 landesweit verkaufte Fahrzeuge sollten überprüft werden. Die indische Regierung hat eine Untersuchung der Volkswagen-Abgaswerte angeordnet. "Wir wollen wissen, ob das, was in den USA passiert ist, auch bei uns passieren könnte oder nicht", sagte ein Regierungsvertreter der Zeitung "Mint".

Hingegen sind in China produzierte Fahrzeuge von Volkswagen sind offenbar nicht von der Manipulationsaffäre um Abgaswerte betroffen. Wie die zwei großen Joint Ventures von VW am Freitag in Shanghai mitteilten, sind ihre Produkte nicht in den Skandal verwickelt. Diesel-Fahrzeuge, die im Zentrum der Affäre stehen, spielen für VW in China zudem nur eine geringe Rolle.

Entschädigung für deutsche Kunden gefordert

In Deutschland hat der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) Entschädigungen für die betroffenen heimischen Autofahrer gefordert. Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsse "einen verbindlichen Rahmen mit VW vereinbaren, wie die Betroffenen entschädigt werden müssen", sagte Kutschaty der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Zugleich forderte er "dringend ein richtiges Unternehmensstrafrecht, um gegen schwere Wirtschaftskriminalität vorgehen zu können".

Offensichtlich habe Volkswagen seine Kunden weltweit belogen, sagte der SPD-Politiker. Jetzt sollten aber nur die Kunden aus den USA Schadenersatz bekommen. "Die deutschen Kunden sollen in die Röhre gucken. Und warum? Weil Deutschland den Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität komplett verschlafen hat", kritisierte Kutschaty.

(APA/Reuters/dpa(AFP)

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