Whistleblower von Facebook-Skandal soll Probleme bei H&M lösen

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Der 29-jährige Wylie hat die Machenschaften von Facebook bei Cambridge Analytica enthüllt. Nun will der ehemalige Trendscout H&M mit Big-Data-Plänen helfen, den Kundengeschmack genauer zu treffen und so weniger Überschuss zu produzieren.

Der Modekonzern Hennes & Mauritz AB möchte ein besseres Gefühl dafür bekommen, wie seine Kunden ticken. Dabei helfen soll ein Mann, den das schwedische Unternehmen vor kurzem eingestellt hat und der bekannt wurde, als er mit der Enthüllung des Datenschutz-Skandals Facebook mit Cambridge Analytica erschütterte und ernste Fragen darüber aufwarf, wie Technologie die menschliche Existenz prägt.

Bei H&M wird der 29-jährige Christopher Wylie dem Unternehmen helfen, Big Data und künstliche Intelligenz zu nutzen, um zu gewährleisten, dass der Modekonzern tatsächlich die Dinge entwirft, die Kunden wollen. Sollte dies erfolgreich sein, würde der ehemalige Whistleblower von Cambridge Analytica dazu beitragen, einige dringende Probleme von H&M zu beheben, z. B. die Lagerbestände in den Griff bekommen und letztendlich das Unternehmen profitabler zu machen.

"Wenn Sie besser verstehen, was die Leute gerne tragen und wie sie es tragen möchten, und wie sie sich beim Tragen fühlen möchten, werden Sie natürlich Einsichten gewinnen, wie Sie Ihre Kollektion modernisieren und aktualisieren können", sagte Wylie in einem Interview in der H&M-Zentrale in Stockholm.

Laut Wylie war Cambridge Analytica - ein politisches Beratungsunternehmen, das bei Donald Trumps Wahlkampf 2016 eingesetzt wurde - "eines der schlimmsten Beispiele dafür, wie Daten missbraucht werden können". Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr unter der Last der Skandale den Betrieb eingestellt.

Compliance

Aber bei H&M „durchläuft alles, was das Unternehmen datenmäßig tut, erst einen Compliance-Prozess, und die Juristen überprüfen alles“, so Wylie. "Darüber hinaus gibt es einen Ethos innerhalb des Unternehmens, der wirklich auf die Frage hinausläuft, tun wir Gutes und das Richtige für unsere Kunden?"

Die Modebranche ist Wylie nicht fremd. Bevor er zu Cambridge Analytica kam, arbeitete er als Trendscout. Als H&M von seinem früheren Leben erfuhr, begann die Gesellschaft, mit dem Kanadier über eine mögliche Zusammenarbeit zu sprechen.

Gebratener Blumenkohl

Die Kontakte zwischen Wylie und H&M-Vertretern zogen sich über mehrere Monate hin. Er traf sich sogar mit H&M-Chief Executive Officer Karl-Johan Persson, der mit dem überzeugten Veganer bei einem Lunch von geröstetem Blumenkohl über seine Einstellung sprach. Wylie, selbsternanntes Aushängeschild des Datenschutzes, sagte schließlich zu, und begann im Dezember, für H&M zu arbeiten.

Wylies Job beinhaltet unter anderem die Analyse der Daten von 30 Millionen Mitgliedern des H&M Clubs, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie man deren Wünsche erfüllen kann. H&M hofft, dass dieser Prozess dabei helfen wird, jenen Überschuss zu vermeiden, der entsteht, wenn Kleidung nicht verkauft wird und alte Bestände unüberschaubar werden.

Was ihn schließlich überzeugt habe, das Jobangebot anzunehmen, sei der Fokus von H&M gewesen, Überschuss zu reduzieren, sagte Wylie, sowie das, was er als das Ziel des Unternehmens beschrieb: „Gutes zu tun“.

Die Kritiker

Kritiker der künstlichen Intelligenz haben jedoch deren Effizienz in Frage gestellt. In der Regel sind hohe Anfangsinvestitionen notwendig, und die Realisierung von Nutzen lässt mitunter lange auf sich warten, was an den Gewinnmargen zehrt. Der H&M CEO hält dagegen und behauptet, die Investitionen in KI zahlen sich bereits aus, und das Unternehmen müsse seltener auf Rabatte zurückgreifen.

Im letzten Quartal konnte H&M den Lagerbestand reduzieren. Der Warenbestand sank von 18,9 Prozent im dritten Quartal auf 17,9 Prozent, der erste Rückgang der Bestände über einen Zeitraum von drei Monaten seit Frühjahr 2017. H&M erwartet auch, dass im ersten Quartal die Preisnachlässe im Verhältnis zum Umsatz um rund 1 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahreszeitraum abnehmen werden.

"Wir haben viel in die KI investiert und befinden uns noch am Anfang der Reise", so Persson. "Jetzt müssen wir von der Testphase zur Umsetzung in verschiedenen Teilen unserer Betriebsabläufe übergehen."

(Bloomberg)

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