Gesundheits-Check bei Miele sorgt für Beunruhigung

Seit 1910 erzeugt Miele Waschmaschinen in Gütersloh.
Seit 1910 erzeugt Miele Waschmaschinen in Gütersloh.(c) Interfoto/picturedesk.com
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Seit 1899 gilt Miele als kerngesundes Familienunternehmen. Nun sind erstmals Berater von McKinsey an Bord. Das ängstigt die Belegschaft.

Wien. Im Geschäftsjahr 2017/18 ist der deutsche Miele-Konzern gewachsen, so wie er das auch in den drei Jahren zuvor getan hat. Konkret hat der Elektrogerätehersteller seinen Umsatz zuletzt um 4,3 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro gesteigert. Dennoch sah sich der geschäftsführende Gesellschafter, Markus Miele, veranlasst, in einem Interview mit der deutschen Zeitung „Handelsblatt“ klarzustellen, dass „Miele kein Sanierungsfall ist, sondern ein erfolgreiches und gesundes Unternehmen“. Diese Worte waren notwendig, zumal in Deutschland genau daran viele Miele-Mitarbeiter so ihre Zweifel haben. Gleich mehrere Entwicklungen geben ihnen Anlass zur Sorge.

Seit November 2018 gehen Mitarbeiter der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey in den Gütersloher Headquarters aus und ein. Es müsse schon schlecht um Miele stehen, wenn – erstmalig in der 120-jährigen Geschichte des Familienunternehmens – externe Berater von der Geschäftsführung für teures Geld beauftragt würden, hieß es in der Belegschaft. Diese stets unbeliebten Experten hätten den Auftrag, Einsparungspotenzial von mehr als 100 Mio. Euro ausfindig zu machen, rumorte es.

Miele ist in „Diagnosephase“

Für Markus Miele jedoch sind die McKinsey-Berater kein Zeichen einer möglichen Schieflage des Familienunternehmens. Im Gegenteil. Diese zeichneten sich nämlich durch ihren weiten Horizont aus. Man wolle „in den guten Jahren über die eigenen Strukturen und mögliche Verbesserungen nachdenken“. Jetzt befinde sich Miele jedoch erst in der „Diagnosephase“, für die ergänzende Expertise von außen eben sehr hilfreich sein könne.

Doch nicht nur die Beauftragung der McKinsey-Leute irritiert die Miele-Mitarbeiter. Das hartnäckige Gerücht, dass Miele an seiner deutschen Produktionsstätte in Bielefeld plant, schon bald Stellen zu streichen, macht ihnen ebenfalls zu schaffen. Eine Nachricht, die auch die IG-Metall, die größte Einzelgewerkschaft der Bundesrepublik, schon auf den Plan gerufen hat. Sie will mit der Miele-Geschäftsführung umgehend das Thema „Standortsicherung für deutsche Werke“ diskutieren. Ein missverständlicher Arbeitstitel, der geeignet sei, „unbegründet Ängste zu schüren“, sagt Markus Miele. Es sei gar nicht geplant, irgendwelche Standorte in Deutschland zu schließen.

Allerdings: In den kommenden Jahren werden zwei neue Fertigungsstätten im Ausland ihre Produktion hochfahren: eine im tschechischen Uničov, die andere in Polen in Ksawerów. Unmittelbar bedroht fühlt sich die deutsche Miele-Mannschaft vor allem von dem Werk in Tschechien. Denn dieser Standort wird stärker in die Geschirrspülerproduktion eingebunden, die bisher allein in Bielefeld stattfand.

Tatsächlich dürfte sich im Gefüge einiges strukturell ändern: Stellenabbau in der Produktion sei „natürlich ein Thema“. Bis 2021 könnten bis zu 180 Stellen entfallen, sagt Markus Miele. In Gütersloh hingegen, wo Waschmaschinen vom Band laufen, braucht sich hingegen keiner vor Stellenkürzungen zu fürchten – vorerst. 2025 aber wird die Produktion der Geräte zu gleichen Teilen zwischen den beiden Standorten aufgeteilt. Wie viele Stellen in Gütersloh dann nicht mehr nötig sind, ließe sich heute noch nicht prognostizieren, sagt Miele. Drängt sich die Frage auf, ob das österreichische Miele-Werk in Bürmoos in irgendeiner Form von den Kapazitätsverlagerungen Richtung Osten betroffen sein könnte. Carsten Prudent, Sprecher von Miele zur „Presse“: „Es gibt keinerlei konkrete Überlegungen, für Österreich irgendetwas zu ändern.“

Welche langfristigen Veränderungen hingegen der Brexit für Miele bringen wird, will derzeit niemand sagen. Immerhin gehört Großbritannien zu den fünf größten Absatzmärkten des Geräteherstellers. Kurzfristig hat man aber bereits reagiert: Die britischen Lager sind mit Miele-Geräten gefüllt. Schließlich wisse niemand, „wie das an den Grenzen künftig geregelt werden soll“, sagt der Konzernchef. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2019)

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