Globales Wachstum in Gefahr: "Es ist unerlässlich, dass politische Fehler vermieden werden"

The International Monetary Fund (IMF) headquarters building is seen ahead of the IMF/World Bank spring meetings in Washington
The International Monetary Fund (IMF) headquarters building is seen ahead of the IMF/World Bank spring meetings in WashingtonREUTERS
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Der IWF hat die Konjunkturprognose für das laufende Jahr zum wiederholten Mal gesenkt. Gravierender Faktor ist die deutliche Verlangsamung des Wachstums in Deutschland.

Weiter dichte graue Wolken über der Weltwirtschaft: Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die globale Konjunktur unverändert durch enorme Risiken wie die Handelskonflikte und einen möglichen ungeordneten Brexit belastet. In seinem am Dienstag in Washington veröffentlichten Frühjahrsbericht schraubt der IWF deshalb seine Prognosezahlen für die Weltwirtschaft wie auch für Österreich herunter.

Für das laufende Jahr sagt der IWF ein weltweites Wirtschaftswachstum von nur noch 3,3 Prozent voraus. Das sind 0,2 Punkte weniger als in der Prognose vom Jänner und ein um 0,3 Punkte schwächeres Wachstum als vergangenes Jahr. Die Weltwirtschaft befinde sich in einem "heiklen Moment", warnte IWF-Chefökonomin Gita Gopinath. Laut „Süddeutscher Zeitung“ sagte Gopinath bei der Präsentation der zahlen: "Angesichts dieser Risiken ist es unerlässlich, dass kostspielige politische Fehler vermieden werden.“ Notwendig sei eine viel "engere multilaterale Zusammenarbeit, um Handelskonflikte zu lösen, die Probleme des Klimawandels und der Internetsicherheit anzugehen, und die Effektivität der internationalen Besteuerung zu verbessern". 

Verlangsamung des Wachstums in Deutschland

Als gravierenden Faktor streicht der Währungsfonds auch die deutliche Verlangsamung des Wachstums in Deutschland heraus. Als Ursachen benennt er die schwache Binnennachfrage, die relativ niedrige Produktion in der Autobranche infolge des neuen Abgastests WLTP sowie die gesunkene ausländische Nachfrage nach deutschen Produkten.

Seine Wachstumsprognose für Deutschland im laufenden Jahr hat der IWF auf 0,8 Prozent gesenkt. Dies entspricht der in der vergangenen Woche veröffentlichen Schätzung der fünf führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. Der IWF reduzierte damit seine Prognose für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zu seinem Ausblick vom Jänner um einen halben Prozentpunkt.

Für Österreich erwartet der IWF 2019 ein Wachstum von 2,0 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als noch im Herbst 2018 prognostiziert. Für 2020 erwartet der IWF in Österreich nun ein reales BIP-Plus von 1,7 Prozent. Darüber hinaus geht der IWF in Österreich heuer und nächstes Jahr von einer leicht steigenden Arbeitslosigkeit aus. Die Inflation dürfte sich hingegen leicht abschwächen.

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In der gesamten Eurozone erwartet der Fonds heuer nur noch ein Wachstum von 1,3 Prozent. Dies sind 0,3 Punkte weniger als in der Jänner-Prognose. Zum Abbremsen der deutschen Wirtschaft kommen dabei laut IWF als belastende Faktoren unter anderem die Brexit-Risiken, die durch die italienische Haushaltspolitik erzeugten Ungewissheiten sowie die Straßenproteste gegen die Regierungspolitik in Frankreich hinzu.

Auch für die USA rechnen die Konjunkturforscher mit einem deutlich abgeschwächten Wachstum in diesem Jahr. Es wird demnach voraussichtlich bei 2,3 Prozent liegen, nach 2,9 Prozent im vergangenen Jahr. Damit bleibt die Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten im Vergleich der Industrieländer immer noch stark.

Die IWF-Experten blasen auch nicht nur Trübsal: In ihrem im Vorfeld der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank am Wochenende in Washington veröffentlichten Bericht begrüßen sie etwa, dass die US-Notenbank Fed und andere Zentralbanken eine Pause in ihrem Kurs der Zinserhöhungen eingelegt haben. Und sie loben die Maßnahmen, welche die chinesische Führung zur Stimulierung der zuletzt abgeschwächten dortigen Wirtschaft getroffen hat. So erwartet der IWF denn auch, dass die Weltwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2019 wieder anzieht. Für 2020 rechnet er dann mit einem globalen Wachstum von 3,6 Prozent.

Handelsstreit zwischen USA und China

Laut Währungsfonds würde sich vor allem bei einer Beilegung des Handelsstreits zwischen den USA und China der Horizont deutlich aufhellen und ein globales Wachstum über die derzeit vorhergesagten Zahlen hinaus ermöglichen. Sollten die vergangenes Jahr von den zwei größten Volkswirtschaft der Welt gegeneinander erhobenen Strafzölle aufgehoben werden, würde dies die Stimmung der Unternehmen und an den Finanzmärkten deutlich bessern.

In seinem Ausblick sieht der Fonds allerdings die Risiken gegenüber den Chancen überwiegen. Die Konjunkturexperten heben hervor, dass der Ausgang der Handelsgespräche zwischen Washington und Peking offen sei. Auch verweisen sie darauf, dass die Drohung von US-Präsident Donald Trump mit Strafzöllen auf europäische Autoimporte weiterhin im Raum steht.

Auch warnt der IWF, dass ein Brexit ohne Abkommen über die künftigen britischen Beziehungen zur EU die wirtschaftlichen Lieferketten schwer beeinträchtigen und zu Kostensteigerungen führen würde. Ein ungeregelter Brexit hätte dem Fonds zufolge "langfristige negative Auswirkungen" auf die Wirtschaft nicht nur Großbritanniens, sondern auch der EU.

(APA/Red.)

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