EU importiert Fälschungen im Wert von 121 Mrd. Euro jährlich

Auch Medikamente werden gefälscht.
Auch Medikamente werden gefälscht.APA
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Gefälschte Waren verursachten laut EU zwischen 2012 und 2016 einen Schaden von in Summe 92 Mrd. Euro für Europas Wirtschaft.

Wien. Nobel-Handtaschen, Kleidung, Uhren, Parfums, Spielzeug, elektronische Geräte, aber zunehmend auch Medikamente, Auto-Ersatzteile und sogar Konsumentenprodukte wie Zahnpasta und Waschmittel. „Was gefälscht werden kann, wird gefälscht“, heißt es im aktuellen Bericht des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). Trotz aller Bemühungen im Kampf gegen Produktpiraterie hat die Zahl der Fälschungen in der jüngsten Vergangenheit demnach weiter zugenommen. So werden laut den Berechnungen von EUIPO heuer gefälschte Waren im Wert von 121 Mrd. Euro in die EU eingeführt. Das entspricht nicht nur 6,8 Prozent aller Importe in die Union, es ist auch wesentlich mehr als noch vor drei Jahren. Damals betrug der Wert der Einfuhren von „Fake Goods“ noch 85 Mrd. Euro.

Aber nicht nur die Zahlen haben sich bei dem Thema in jüngster Zeit geändert, heißt es in dem Bericht. Auch die Vorgangsweise der Fälscher. Wurden früher die gefälschten Waren fast ausschließlich in Seecontainern in hoher Stückzahl importiert, so sind die Fälscher nun dazu übergegangen, wesentlich kleinere Packungen – diese dafür aber in wesentlich höherer Zahl – zu verschicken. So soll verhindert werden, dass die Zollbehörden durch einzelne erfolgreiche Schläge zu viele der gefälschten Produkte konfiszieren und zerstören können.

Damit einher ging auch eine Veränderung der benutzten Verkehrswege. Zwar kommt der Großteil nach wie vor per Schiff. Die Fälscher würden aber auch immer öfter auf die zunehmend wichtiger werdenden Bahnverbindungen zwischen Europa und Ostasien – allen voran China – zurückgreifen. Und noch eine zweite Methode wird von den durchwegs gut organisierten Banden inzwischen verwendet, um ihre Waren möglichst ungestört in den Binnenmarkt einführen zu können. So werden, anders als früher, die Produkte häufig als No-Name-Artikel eingeführt. Das gefälschte Branding mit einem Markennamen erfolgt erst, sobald die Güter sich bereits innerhalb der EU befinden. Die dafür notwendigen gefälschten Logos und Trademarks werden ebenfalls in separaten Lieferungen verschickt.

Weniger Jobs und weniger Steuern

Für die europäische Wirtschaft, die vor allem bei Markenartikelherstellern stark ist, bedeuten die Fälschungen einen spürbaren negativen Effekt. So ergab sich laut Berechnungen von EUIPO zwischen 2012 und 2016 ein Umsatzverlust im Ausmaß von 92,3 Mrd. Euro. Wäre diese Wertschöpfung stattdessen in der offiziellen Wirtschaft der EU erfolgt, hätte das knapp 470.000 Jobs mehr für die Mitgliedsländer bedeutet. Und auch die Staatshaushalte hätten davon wesentlich profitiert: Ihnen entgingen laut EUIPO Steuereinnahmen von 16,3 Mrd. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2019)

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