Wer ist Schuld am Platzen der Fusion zwischen Fiat und Renault?

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Der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler zieht sein Angebot an den französischen Konkurrenten Renault zurück. Nun hagelt es Schuldzuweisungen.

Nach der geplatzten Fusion zwischen den Autobauern Fiat Chrysler und Renault schieben beide Seiten einander die Schuld zu. Fiat Chrysler betonte, die "politischen Voraussetzungen" seien in Frankreich derzeit nicht gegeben. Aus Kreisen der französischen Regierung war dagegen von einer "überstürzten Entscheidung" des italienisch-amerikanischen Autobauers die Rede.

Frankreich als 15-prozentiger Anteilseigner von Renault pocht auf eine Beteiligung des japanischen Herstellers Nissan, der mit Renault seit rund 20 Jahren eng verflochten ist.

Aus dem Umfeld von Fiat Chrysler wurde die französische Regierung für das Platzen der Fusion verantwortlich gemacht. Paris habe "neue Forderungen" gestellt und damit den Zusammenschluss torpediert, hieß es. Die Haltung des Wirtschaftsministeriums sei "unverständlich".

Minister wolle in Japan werben

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erklärte dagegen in Paris, die Bedingung einer "expliziten Unterstützung" der Fusion durch Nissan sei nicht erfüllt gewesen. In allen anderen Punkten habe mit Fiat Chrysler Einigkeit bestanden.

Le Maire verlangte bei einer Sitzung des Renault-Verwaltungsrats am Mittwochabend eine zusätzliche Bedenkzeit bis kommenden Dienstag, wie es von Seiten des Autobauers hieß. Le Maire reist Ende dieser Woche nach Japan und wollte dort um Zustimmung zu dem Deal werben. Der Renault-Verwaltungsrat hatte seine Entscheidung daraufhin vertagt, obwohl nach informierten Kreisen eine breite Mehrheit für die Fusion war.

Fiat Chrysler fühlte sich durch die Haltung der Franzosen offenbar so stark unter Druck gesetzt, dass der Konzern sein Angebot an den französischen Konkurrenten daraufhin zurückzog. Fiat Chrysler zeigte sich in einer Erklärung "fest überzeugt" davon, dass eine Fusion für beide Seiten vorteilhaft gewesen wäre.

Durch einen Zusammenschluss wäre der drittgrößte Autobauer der Welt nach Volkswagen und Toyota entstanden, mit jährlich knapp neun Millionen produzierten Fahrzeugen. Hätten sich auch die japanischen Renault-Bündnispartner Nissan und Mitsubishi an dem Bündnis beteiligt, wäre sogar der weltweit größte Autokonzern mit fast 16 Millionen Fahrzeugen entstanden.

Frankreich hofft noch

Nissan-Chef Hiroto Saikawa hatte zuvor gewarnt, im Falle einer Fusion mit Fiat Chrysler müsse die jahrelange Partnerschaft mit Renault "grundlegend neu definiert" werden. Renault hält rund 43 Prozent des Kapitals bei Nissan, der japanische Autobauer kontrolliert 15 Prozent bei Renault.

In der französischen Regierung gibt es Zuversicht, dass die Fusionspläne noch nicht ganz vom Tisch sind. Haushaltsminister Gerald Darmanin sagte dem Sender Franceinfo, die Gespräche "könnten in nächster Zeit wieder aufgenommen werden". Er fügte hinzu: "Heute müssen wir die Arbeitsplätze in der französischen Automobilbranche schützen."

Frankreich hatte auch eine Arbeitsplatz- und Standortgarantie zur Bedingung für eine Fusion gemacht. In diesem Punkt herrschte Übereinstimmung mit Fiat Chrysler, wie Wirtschaftsminister Le Maire betonte. Auch einer Einbeziehung des fusionierten Konzerns in das europäische Batteriezellen-Projekt mit Deutschland stimmte der italienisch-amerikanische Konzern demnach grundsätzlich zu.

An den Börsen wurden die Konzerne nach der geplatzten Fusion abgestraft: In Paris stürzte der Renault-Kurs zeitweise um mehr als sieben Prozent ab. In Mailand verlor Fiat Chrysler mehr als drei Prozent.

(APA/AFP)

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