Plötzlich ist China da

Chinas Bahnkonzern ist in Deutschland angekommen.
Chinas Bahnkonzern ist in Deutschland angekommen.(c) REUTERS (Jason Lee)
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Chinas Bahnkonzern CRRC kauft in Deutschland ein, jetzt hagelt es Kritik: Vor Kurzem hat Brüssel so ein Szenario noch ausgeschlossen.

Wien. Der Deal ist in der vergangenen Woche publik geworden: Der deutsche Bahntechnikkonzern Vossloh verkauft sein Werk in Kiel. Angeblich gab es dafür keine Interessenten aus Europa, was irgendwie verständlich ist: In Kiel produziert das Unternehmen Diesellokomotiven. Doch jetzt ist ein Käufer gefunden worden: Der chinesische Bahngigant CRRC übernimmt den Standort um zehn Mio. Euro. Der weltweit größte Schienenfahrzeughersteller hat also mit einem Schlag eine Fertigung in Europa.

Das löst nun große Empörung aus. Am Wochenende tobte etwa Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Und das aus naheliegenden Gründen: Im Februar hat er sich mit seinem deutschen Kollegen Peter Altmaier für eine Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom stark gemacht – um Europa gegen die chinesische Konkurrenz zu rüsten. Der „Airbus der Schiene“ sollte eine Antwort auf die wachsende Bedrohung aus China sein. Die Fusion wurde von der EU-Kommission untersagt, sie hatte wettbewerbsrechtliche Bedenken.

„Ich bin außer mir“, sagte Le Maire am Wochenende: Die EU-Kommission habe seine und Altmaiers Warnungen vor derartigen Szenarien als „falsch“ abgetan. Le Maire: „Was passiert? CRRC kommt nach Europa, will Unternehmen kaufen und fängt an, Eisenbahnlinien zu bauen.“

Die Entwicklung empöre ihn, denn er kämpfe für ein „starkes Europa, das beschützt. Nicht für ein Europa, das seinen Markt riesengroß für andere Akteure öffnet, die ihre eigenen Märkte nicht öffnen.“ Le Maire will nun gemeinsam mit Deutschland und Polen die künftige EU-Kommission unter Ursula von der Leyen auf eine Änderung der Wettbewerbsregeln drängen.

USA: Neue Zölle gegen China

Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat unterdessen eine neue Eskalationsstufe erreicht. Am Sonntag traten auf beiden Seiten wie angekündigt neue Strafzölle in Kraft. Die neuen Sonderabgaben der USA in Höhe von 15 Prozent auf weitere chinesische Importe im Wert von mehr als 100 Milliarden Dollar (90 Mrd. Euro) konterte China mit Gegenzöllen in Höhe von fünf und zehn Prozent.

Seit einem Jahr liefern sich die beiden größten Volkswirtschaften einen Handelskrieg, der in beiden Ländern zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums geführt hat und auch die Weltkonjunktur bremst. US-Präsident Donald Trump will China mit den Strafzöllen zum Abschluss eines umfassenden Handelsabkommens bewegen. Die Verhandlungen sind seit Monaten festgefahren, sollen aber vielleicht diesen Monat wieder aufgenommen werden.

Erstmals erheben die USA auch Strafzölle auf in China hergestellte Konsumgüter wie Fernseher, Bücher, Windeln und Turnschuhe. Die Zölle dürften nach Ansicht von Experten mittelfristig zu Preiserhöhungen für US-Verbraucher führen. Am 15. Dezember sollen dann Strafzölle von ebenfalls 15 Prozent auf weitere Konsumgüter aus China im Wert von rund 160 Mrd. Dollar in Kraft treten. Dann werden auch Produkte wie Smartphones, Laptops und Kleidung erfasst werden.

Als unmittelbare Reaktion verhängte China Gegenzölle in Höhe von fünf und zehn Prozent auf Importe aus den USA. Die Sonderabgaben traten am Sonntag zeitgleich mit den US-Zöllen in Kraft und treffen unter anderem amerikanische Bauern. Zehn Prozent werden zusätzlich auf Importe von Fleisch, Gemüse wie Mais und Kartoffeln, Obst, Meeresfrüchte, Kleidung und Lederwaren erhoben. Fünf Prozent entfallen auf Sojabohnen, Milchprodukte, Pilze und Chemikalien. China plant weitere Gegenzölle in Höhe von fünf und zehn Prozent am 15. Dezember. (ag./kor.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2019)

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