Restrukturierung

Bei Autozulieferer Continental wackeln 20.000 Jobs

Continental startet Restrukturierung
Continental startet RestrukturierungREUTERS
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Der Umschwung Richtung E-Mobilität kostet beim deutschen Autozulieferer Continental tausende Jobs. Der Betriebsrat rebelliert.

Der Schwenk Richtung E-Mobilität kostet beim Autozulieferer Continental tausende Jobs. Bei bis zu 20.000 Arbeitsplätzen werde es in den nächsten zehn Jahren "Veränderungen" geben, teilte Conti am Mittwoch nach einer zweitägigen Aufsichtsratssitzung mit. Diese reichten von Stellenabbau über Umschichtungen innerhalb des Konzerns bis hin zu einem Verkauf von Geschäftsteilen.

Auch betriebsbedingte Kündigungen schließt der nach Bosch und Denso im Autogeschäft weltweit drittgrößte Zulieferer nicht aus. Ob Stellen von Continental in Österreich betroffen sind, war vorerst unklar. An der Börse wurde der Umbau begrüßt, mit dem sich Conti auf Wachstumsfelder konzentrieren will. Die Aktie drehte in einem schwachen Umfeld aber nur zeitweise ins Plus.

Die Arbeitnehmervertretung lehnt den geplanten Personalabbau strikt ab. "Ich verurteile die Planungen des Vorstands auf das Schärfste!", erklärte Konzernbetriebsratschef Hasan Allak. Er warf Conti Managementfehler aus der Vergangenheit vor, für die die Mitarbeiter nun die Zeche zahlen sollten. Die IG Metall teilte mit, die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hätten einer Schließung von Standorten in Deutschland nicht zugestimmt, sondern lediglich einer ergebnisoffenen Prüfung. "Den vom Vorstand geplanten gravierenden Stellenabbau werden sie nicht akzeptieren", erklärte Christiane Benner, IG-Metall-Vize und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Conti. Die Mitarbeiter müssten für den Wandel qualifiziert werden und berufliche Chancen erhalten.

Statt reflexhaft auf Entlassungen zu setzen, solle Continental lieber die Möglichkeiten des internen Arbeitsmarktes nutzen, forderte auch Francesco Grioli vom Hauptvorstand der IG BCE, ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat. Ganz sperren wollen sich die Gewerkschaften dem Schwenk allerdings nicht. Der Betriebsrat fordert, dass an den Standorten unverzüglich Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen beginnen sollen.

Weltweit pumpen die Autobauer derzeit Milliarden in neue saubere Antriebe, die strengen Klimaschutz-Auflagen gerade in Europa setzen sie immer stärker unter Druck. Zudem nimmt die öffentliche Kritik am "Klima-Killer" Auto zu, wie sich unlängst auf der Automobilmesse in Frankfurt zeigte. Diesem Trend können sich die Zulieferer nicht entziehen. Auch sie müssen ihre Strategie anpassen. Bei Conti sind von den Veränderungen nun etwa ein Zehntel der weltweit 244.000 Arbeitsplätze betroffen. Vorstandschef Elmar Degenhart verteidigte die Pläne: Mit dem Programm gehe Conti die sich abzeichnende Krise in der Autoindustrie offensiv an, erklärte er.

Bereits bis Ende 2023 sollen weltweit rund 15.000 Arbeitsplätze umgeschichtet beziehungsweise abgebaut werden, davon etwa 5000 in Deutschland. Die Kosten sollen von dem Zeitpunkt an jährlich um eine halbe Milliarde Euro sinken, erklärte Conti. Insgesamt lässt sich der Konzern den Umbau gut eine Milliarde Euro kosten, der größte Teil davon soll zwischen 2019 und 2022 verdaut werden.

Werke werden geschlossen

Beschlossen ist bereits, dass ein Werk in den USA mit 650 Mitarbeitern und ein Standort in Malaysia mit 270 Beschäftigten dichtgemacht werden. Über weitere Projekte werde noch verhandelt. So soll die Produktion von hydraulischen Komponenten für Benzin- und Dieselmotoren in mehreren Werken eingestellt werden beziehungsweise auslaufen. Darunter sind zwei Standorte in Deutschland und einer in Italien. In den USA sollen in Kürze Gespräche über die Schließung eines weiteren Werks beginnen.

Die Höhe des Stellenabbaus bezifferte der Konzern nicht. Dies hänge vom Ausgang der Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen ab, sagte ein Sprecher. Continental hatte nach einem Gewinneinbruch bereits im Juli seine Geschäftsziele gekappt und dies mit der weltweit sinkenden Autoproduktion sowie den Unsicherheiten durch den Handelsstreit zwischen den USA und China begründet. Auch andere Zulieferer und Autobauer wie BMW und Daimler ringen mit den Folgen des Konjunkturabschwungs. Bei Conti kommt nach Meinung des Betriebsrats hinzu, dass man in der Antriebssparte zu lange auf bewährte Technik gesetzt habe und nun umso radikaler umsteuern müsse. "Erfolg kann blind machen", sagte Allak.

Der Konzern hatte vor gut einem Jahr den Umbau zu einer Holding mit drei Säulen bekannt gegeben: der Rubber-Gruppe, der Sparte Automotive mit dem Zuliefergeschäft und das Antriebsgeschäft. Die Antriebssparte mit weltweit gut 40.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von zuletzt 7,7 Milliarden Euro wurde zu Jahresanfang herausgelöst und soll künftig "Vitesco Technologies" heißen. In ihr ist die Technik für Verbrennungsmotoren und die für elektrische Antriebe vereint. Damit wollen die Niedersachsen den Umschwung vom Diesel- und Benzinmotor hin zu Elektroautos ohne Blessuren überstehen, denn dieser Wandel geht mit einem Rückgang von Beschäftigung für Verbrenner und unsicheren Gewinnaussichten für Stromautos einher. Wegen der unsicheren Konjunktur erwägt das Management neben einem Teilbörsengang inzwischen auch einen Spin-Off der Sparte.

(APA/Reuters)

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