Die Vorstände könnten wegen der Griechenland-Hilfe vor Gericht gezerrt werden. Juristen zufolge müssen die Generaldirektoren damit rechnen, von ihren Aktionären geklagt zu werden.
Wien (höll). In Deutschland und Österreich haben sich die Banken verpflichtet, ihr Griechenland-Engagement vorerst nicht zurückzufahren. Bei einem Treffen mit Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) Anfang Mai sagten die Chefs der heimischen Großbanken zu, ihre Forderungen gegenüber Athen nicht fällig zu stellen und griechische Anleihen über die gesamte Laufzeit zu halten. Diese Vereinbarung könnte nun zum Problem werden.
Juristen zufolge müssen die Generaldirektoren damit rechnen, von ihren Aktionären geklagt zu werden. „Ich sehe eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass es Klagen und Ermittlungen gegen Bankvorstände geben wird, falls es doch noch zu einem Gläubigerverzicht bei griechischen Staatsanleihen kommen sollte“, sagte Rechtsexperte Joachim von Falkenhausen, Partner der Anwaltskanzlei Latham & Watkins, der „Financial Times“.
Kann Griechenland seine Gläubiger nicht mehr bedienen, müssen sich die Bankdirektoren den Vorwurf der Untreue gefallen lassen – weil sie wider besseres Wissen Hellas-Anleihen behalten haben. Finanzexperten wie der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, bezweifeln, dass die Regierung in Athen in der Lage ist, die Schulden in vollem Umfang zu tilgen. Einige deutsche Banken wollen daher von ihrer ursprünglichen Hilfszusage abrücken.
Wiener Aufsicht schweigt
Auch die Bankenaufsicht in Berlin rät den Finanzinstituten, das Griechenland-Exposure zu reduzieren. In Österreich äußern sich Finanzmarktaufsicht und Nationalbank dazu nicht. Für das Finanzministerium hat sich nichts geändert: „Wir erwarten, dass die Banken ihre Zusagen einhalten“, heißt es dort. Anders als in Deutschland bleiben die heimischen Banken dem angeschlagenen Mittelmeerstaat trotz des rechtlichen Risikos treu. „Wir verkaufen keine griechischen Anleihen“, meinte etwa ein Bank-Austria-Sprecher.
Selbst wenn die heimischen Institute den Schwur brechen würden, haben sie keine Konsequenzen zu befürchten. Denn die Hilfszusagen für Griechenland sind rechtlich unverbindlich. Deren Einhaltung wird nicht kontrolliert.
Anders gehen die französischen Banken vor. Diese säubern ihre Bilanzen, indem sie die Schrottpapiere an die Europäische Zentralbank (EZB) veräußern. Die EZB unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet, ein Franzose, kaufte dem Vernehmen nach bislang griechische Schuldtitel von mindestens 25 Mrd. Euro auf. Dieses EZB-Programm soll der französische Präsident Nicolas Sarkozy durchgesetzt haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2010)