Portugal: Goldschatz wird zur Rettung in der Not

Portugal Goldschatz wird Rettung
Portugal Goldschatz wird Rettung(c) EPA (Hugo Philpott)
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Für Termingeschäfte muss das Land Sicherheiten bieten. Die Ratingagentur Standard & Poors bescheinigt dem Land die zweitniedrigste Bonität der Eurozone. Die Verschuldung Portugals beträgt 84 Prozent des BIP.

Lissabon (red). Welches Land wird nach Griechenland zum nächsten Notfall der Europäischen Union? Diese Frage beschäftigt Finanzpolitiker und Banken seit Monaten. Ein heißer Tipp ist Portugal, das eine Verschuldung von 84 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufweist. Die Ratingagentur Standard & Poors bescheinigt dem Land die zweitniedrigste Bonität der Eurozone.

Nun manifestieren sich die Probleme Portugals in einem Bereich, der bisher nicht betroffen war. Als eines der ersten größeren Länder müsse Portugal den Banken bei Derivategeschäften künftig Sicherheiten anbieten, schrieb die „Financial Times Deutschland“(FTD) am Freitag. Dies sei nicht nur ein grundlegender Bruch mit der Vergangenheit, sondern gehe auch mit erheblichen Risiken einher, analysiert die FTD.

Gegen Schwankungen bei Zinsen oder Wechselkursen sichern sich Staaten mit Termingeschäften ab. Dies geschieht über Banken, die von westlichen Industriestaaten für solche Deals normalerweise keine Sicherheiten verlangen. Im Fall Portugals wächst aber offenbar die Angst der Banken vor einem Staatsbankrott. Das Land wird wohl bald für seine Termingeschäfte Bargeld oder Gold hinterlegen müssen.

„Wir arbeiten an entsprechenden wechselseitigen Abkommen“, erklärte Alberto Soares, Leiter der portugiesischen Schuldenbehörde, gegenüber einem Nachrichtendienst. Allerdings wehrt sich Soares gegen Berichte, dass sein Land zu diesem Schritt gezwungen worden sei, weil die Banken gedroht hätten, sonst keine Geschäfte mit Portugal mehr zu machen. „Das ist nicht schwarz-weiß“, so Soares. „Es handelt sich um einen Prozess. Wir müssen unterschiedliche Sichtweisen berücksichtigen.“

Die Hinterlegung von Sicherheiten hat für Portugal zunächst einmal Vorteile. Unter anderem könnten die derzeit verlangten Risikoaufschläge bei Kreditderivaten geringer werden. Portugiesische Kreditderivate notieren derzeit bei 230 Basispunkten; um zehn Millionen Euro an portugiesischen Staatsanleihen abzusichern, müssen jährlich 230.000 Euro bezahlt werden. Im Vergleich mit anderen hoch verschuldeten Ländern ist das ein relativ hoher Preis. Spanien und Italien etwa liegen bei 178 und 136 Basispunkten.

Das Erbe Salazars

Der Nachteil bestehe aber darin, dass Portugal ab sofort Liquidität vorhalten müsse, analysiert die FTD. Denn es sei fraglich, welche Art von Sicherheit außer Bargeld die Banken akzeptieren würden. Experten halten es für höchst unwahrscheinlich, dass Portugal seine eigenen Anleihen dafür verwenden dürfte. Als Rettung könnte sich ausgerechnet ein Überbleibsel aus der Ära des verhassten Diktators António Salazar erweisen. Portugal sitzt auf Goldreserven von über 380 Tonnen. Das entspricht einem Marktwert von 11,4 Milliarden Euro. Angehäuft wurde der Schatz vom Regime Salazar hauptsächlich während des Zweiten Weltkriegs, als sich der Staat seine Exporte unter anderem in Gold bezahlen ließ.

Laut Gesetz darf diese Reserve nicht dem Staatshaushalt zugeführt werden. Doch als Faustpfand für Termingeschäfte könnte das Gold gute Dienste leisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2010)

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