Schweizer Supermärkte kippen Topmarken aus Sortiment

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Wegen der starken Landeswährung kämpft der Schweizer Einzelhandel mit hohen Einkaufspreisen. Um niedrigere Preise von Lieferanten internationaler Produkte zu erpressen, streicht Coop unter anderem Uncle Ben's.

Wien/JUK./AG. Schweizer Einzelhändler, die mit der starken Landeswährung kämpfen, greifen erstmals zu drastischen Maßnahmen: Der Handelskonzern Coop streicht Produkte internationaler Markenhersteller aus dem Sortiment. 95 Artikel sind betroffen. Unter dem Slogan „Genug ist genug“ hebt der Schweizer Einzelhändler drei Produktgruppen besonders hervor: So verzichte man ab sofort auf Reis der Marke Uncle Ben's (Hersteller ist der Konzern Mars) ebenso wie auf Kinder-Milchschnitte und Kinder-Pingui (die Ferrero produziert) und die Haarpflegelinie „Studio Line“ von L'Oréal.
Die noch in den Regalen befindlichen Produkte werden mit einem Rabatt von 50 Prozent verkauft – danach sollen die Regale zwecks Signalwirkung leer bleiben. Bei den Preisschildern werden gerade Schilder angebracht, die die Kunden über die Situation aufklären sollen, heißt es bei Coop.
Der zweitgrößte Einzelhändler am Schweizer Markt fordert von seinen Lieferanten, Währungsgewinne, die ihnen durch den starken Schweizer Franken entstanden sind, bei den Einkaufspreisen in vollem Umfang an die Einzelhändler weiterzugeben.
„Das Maß ist voll“, heißt es bei Coop. Seit Monaten werde mit den „Multis“ hart verhandelt: Viele Lieferanten würden sich jedoch nach wie vor weigern, maßgebliche Zugeständnisse bei den Preisen zu machen.

Noch mehr Produkte betroffen ?

Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Markenprodukte aus dem Sortiment fallen, liege bei 50 Prozent, sagte Jürg Peritz, der bei Coop für Beschaffung und Marketing zuständig ist, zur „SonntagsZeitung“. Im Zuge einer zweiten Runde könnte es Nivea-Produkte von Beiersdorf und Danone mit Produkten wie Evian und Actimel treffen, so die Zeitung.
Der Verzicht auf die 95 Produkte habe bereits Bewegung in die Verhandlungen mit Lieferanten gebracht, sagte eine Sprecherin. In der Schweiz  habe man generell höhere Einkaufspreise, mit den derzeitigen Wechselkursen stiegen diese noch mehr.

Konkurrenz könnte nachziehen

Auch der Branchenführer im Schweizer Einzelhandel, Migros, überlegt, Markenprodukte internationaler Hersteller aus dem Sortiment zu streichen. Eine Entscheidung werde bis Mittwoch fallen, sagte eine Sprecherin der „Presse“. Derzeit sei man noch in Verhandlungen. Dem Vernehmen nach liegt Migros mit L'Oréal, Ferrero und Beiersdorf im Streit.
Etwa 90 Prozent des Sortiments im Kerngeschäft bestehen bei Migros jedoch aus Eigenmarken.
Der Schweizer Einzelhandel ist derzeit stark unter Druck. „Die Franken-Stärke erhöht die Preisdifferenzen zwischen der Schweiz und dem umliegenden Ausland kontinuierlich“, schreibt das Forschungsinstitut BAK Basel in einer aktuellen Aussendung. Demnach werden die Schweizer 2011 rund 310 Mio. Schweizer Franken (276,8 Mio. Euro) mehr für Lebensmittel im angrenzenden Ausland (etwa in Vorarlberg) ausgeben als im Vorjahr. Laut „SonntagsZeitung“ liegt der Gesamtmarkt im Einzelhandel gegenüber dem Vorjahr mit 3,5 Prozent im Minus.
Der Schweizer Markenartikelverband Promarca hat kein Verständnis für die Maßnahme von Coop. Von den rund hundert Mitgliedern des Verbands hätten laut einer Umfrage die meisten ihre Währungsgewinne weitergegeben. Dass die Konsumenten trotzdem hohe Preise bezahlen, hätten laut Promarca-Geschäftsführerin Anastasia Li-Treyer großteils Großhändler zu verantworten.
Promarca fordert nun eine Untersuchung einer unabhängigen Institution,  um nachvollziehen zu können, wo die Währungsgewinne versickern.

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