Ende einer Ära: Bionade nur noch ein Getränk von vielen

(c) AP (Franka Bruns)
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Das Flaggschiff der Biolimonaden geht unter, die Bionade-Erfinder verlassen das eigene Boot. Wie es weitergehen soll, ist völlig unklar. Die Bionade gehört jetzt hundert Prozent dem Getränkeriesen Radeberger.

Wien/Jil. Die Bionade ist nicht mehr, was sie einmal war: Das Getränk, das ein Familienunternehmen aus Bayern erfunden hat, gehört jetzt zu hundert Prozent dem Getränkeriesen Radeberger (der wiederum dem Nahrungsriesen Oetker gehört). Die Bionade-Gründerfamilie Kowalsky hat rückwirkend mit 1. Februar ihre verbliebenen 30 Prozent an dem Unternehmen mit etwa 200 Mitarbeitern verkauft. Radeberger hatte schon zuvor 70 Prozent an Bionade gehalten. Der Trennung ging ein Streit über den Weg zurück zum Erfolg voraus. Zuletzt versuchte sogar der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking zwischen Radeberger und den Brüdern Peter und Stephan Kowalsky zu vermitteln. Vergeblich.

Symbol des Biowunders

Bionade, das war einmal die fabelhafte Geschichte des deutschen Biowunders. Die Idee hinter der Limonade bleibt bestechend: Bionade wird nicht einfach zusammengemischt, wie Coca-Cola oder Pepsi, sondern gebraut – ähnlich wie Bier. Das Verfahren wurde von Dieter Leipold, dem Stiefvater der Kowalsky-Brüder 1995 erfunden – kurz bevor die kleine familieneigene Bierbrauerei Insolvenz hätte anmelden müssen.

Die Biolimo in der klassischen Bierflasche war kein sofortiger Erfolg. Zwei Jahre lang wird die Bionade nur in Fitnessstudios angeboten – bis ein Getränkegroßhändler aus Hamburg sie 1997 in sein Sortiment aufnimmt. Mit ihrem Auftauchen in Hamburger Szenekneipen geht der (scheinbar unaufhaltsame) Aufstieg der Bionade los. Sie landet im Sortiment einer Drogeriekette und auf den Seiten des Avantgarde-Wirtschaftsmagazins „brand eins“.

Die Bionade wird zum Symbol der Generation „Prenzlauer Berg“, die auf einen ökologisch-nachhaltigen Lebensstil genauso viel Wert legt wie auf den Besitz der neuesten Apple-Produkte und auf Baby-Yoga. Zehn Jahre geht das gut. Bionade expandiert und expandiert. Ab 2005 wird das Getränk sogar in Plastikflaschen angeboten und die Eigentümerfamilie lehnt ein Übernahmeangebot von Coca-Cola ab.

Ihren geschäftlichen Zenit erreicht die Firma 2007, als man 200 Millionen Flaschen verkauft. Im selben Jahr landet das Getränk auf der Karte des „McCafé“ von McDonald's. Plastikflaschen und McDonald's passen aber nicht so recht zum ökologischen Gutes-Gewissen-Image der Bionade.

Die Ökobewegten springen ab

Der Abstieg des einstigen Kultgetränks beginnt. Längst sind die Supermarktregale voll mit Nachahmerprodukten – ähnlich wie während der Energydrink-Hysterie in den 1990er-Jahren.

Aber anders als Red Bull kann die Bionade sich nicht behaupten. Im Jahr 2008 sind die Verkäufe bereits rückgängig. Dann erhöht man die Preise um ein Drittel. Ausgerechnet im Jahr eins der Krise. Die Preiserhöhung ist die Idee des Kurzzeit-Miteigentümers Schindel-Holding, die von den Kowalskys aus Geldnot geholt wurde.

„Das war der Anfang vom Niedergang“, sagte Bionade-Betriebsrat Mike Mozer der „Süddeutschen Zeitung“. Als Bionade sogar in Diskontern zu bekommen ist, senken die Ökobewegten den Daumen über dem Getränk. Im Jahr 2011 verkauft man nur noch 60 Millionen Flaschen. Der Ausstieg der Gründerfamilie ist ein vorläufiger Schlusspunkt. Vom Außenseiter-image der Bionade ist nicht viel geblieben. Nach ultrasüßen Energydrinks und ungesüßten Ökolimonaden wird es wohl Zeit für einen neuen Getränkehype.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2012)

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