Das „neue Glück“ bei der Arbeit

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Wenn Unternehmer Arbeitende glücklich machen, werden sie es selbst. Und die Kunden obendrein. Das Ideal vom Arbeitsplatz hört neuerdings auf Employee Experience.

Zoogler brauchen keine Mitgliedschaft in einem Fitnessklub, um für die Arbeit in Schuss zu sein. Sie haben ihr eigenes Gratis-Gym. Zoogler, so nennen sich die Mitarbeiter des Google-Campus in Zürich. Rund 2.200 Menschen arbeiten nur wenige Gehminuten vom Zürichsee entfernt an Produkten wie Google Maps, YouTube, Gmail oder am Suchalgorithmus. Sie tun es in denkbar entspannter Atmosphäre. Meeting-Räume sind als Themenlandschaften gestaltet, wie etwa die Dschungel-Lounge, in der eine Hundertschaft an verschiedenen Pflanzen zwei Meter hohe Dschungeleier überwuchert. Dort lässt es sich, auf rosa Plüsch gebettet, chillig konferieren und telefonieren.

Möglich scheint hier überhaupt alles. Zum Beispiel von einem Stockwerk ins andere zu rutschen, statt altmodisch Stiegen zu nehmen. Das Essen in der Kantine ist gratis, am Campus gibt es außerdem Sport- und Musizierräume, kostenlose Massagen oder die Bar Hürlimann, benannt nach der Brauerei, auf dessen Gelände heute die Google Zentrale steht. Erklingt so wie an  jedem Tag pünktlich um 17 Uhr die Titelmusik von Heidi, ist es das Zeichen für eine Einladung auf Bier, Snacks und gemeinsame Gemütlichkeit. „Wenn im Unternehmen eine familiäre Atmosphäre herrscht, sind Menschen produktiver“, lautet das Credo von Google-Gründer Larry Page. Zahlen und Studien geben ihm in mehrfacher Hinsicht Recht, auch in Zürich, dem mittlerweile größten Entwicklungsstandort des IT-Giganten außerhalb der Vereinigten Staaten. Bis 2021 will Google in der Schweizer Metropole das Personal um mehr als das Doppelte auf rund 5000 Beschäftigte aufstocken.

Schlacht um Herzen und Köpfe
Seit 2011 führt Google die Bestenliste der beliebtesten Arbeitgeber an, die alljährlich vom Forbes-Magazin in einer Umfrage ermittelt wird. Was Larry Page und andere Unternehmer seiner Denke intuitiv erfasst und mit einem Wohlfühlambiente für ihre Mitarbeiter in die Tat umgesetzt haben, ist seit rund zwei Jahren als Employee Experience in aller Munde. In einem immer härteren Wettbewerbsumfeld mit Arbeitnehmern, die im Zeitalter der Digitalisierung an Unabhängigkeit und Möglichkeiten permanent dazugewinnen, müssen Arbeitgeber um ihre Mitarbeiter kämpfen, um die besten an sich zu binden. „Die Schlacht um die Herzen und Köpfe der Mitarbeitenden“, brachte man es 2017 bei IBM, etwas martialisch aber doch, auf den Punkt. Der War for Talents weitet sich zum War for Employees aus.

Kunden, Mitarbeiter und viceversa
Während Employee Experience, kurz EX, als Begriff noch relatives Neuland darstellt, ist die Customer Experience, CX, den meisten Unternehmen längst ein Begriff. Dass das eine ohne dem anderen nicht geht, brachte 2014 mit der Temkin Group eines der führenden Customer-Experience-Beratungsunternehmen aufs Tapet. In einer groß angelegten und viel beachteten Studie wurde festgestellt, dass hoch engagierte Mitarbeiter im Vergleich zu „normalen“ Mitarbeitern mit einer um das Dreifache erhöhten Wahrscheinlichkeit ihrem Arbeitgeber Gutes tun, Empfehlungen weitergeben, länger am Arbeitsplatz verharren und Kollegen unter die Arme greifen. Zudem ergab die Studie, dass Unternehmen mit einer überdurchschnittlichen guten CX 50 Prozent mehr Mitarbeiterengagement verzeichnen.

Mitarbeiter mitunter wichtiger als Kunden
Was die Henne und was das Ei ist, wurde von den Studienautoren nicht klar beantwortet. Herausgearbeitet haben sie aber die zwingende Verbindung zwischen Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Schließlich ist es das Vertriebs- oder Hotlinepersonal sowie Projektpartner, die an der Kundenfront stehen und die entscheidenden Kontakte halten. Gelingt es Unternehmen nicht, eine gute Employee Experience zu schaffen, lässt sich auch die Customer Experience nicht optimieren. „Employee Experience ist die Zukunft der Customer Experience“, sagte Bertrand Duperrin, Leader Digitaltransformation bei der Kommunikationsagenturgruppe Emakina schon 2016 – weil ohne Mitarbeiter mit Spaß an der Arbeit auch kein Erlebnis für die Kunden geschaffen werden kann. Josh Bersin, international gefragter HR-Branchenanalyst mit Fokus auf Talent Management, formuliert es noch ein Stück präziser: „Gut geführte Unternehmen haben verstanden, dass Mitarbeiter mitunter wichtiger sind als Kunden. Denn wenn Mitarbeiter gut geführt und gefördert werden, sind in der Regel auch die Kunden glücklicher.“

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