Kärnten: Ein Stromdeal ganz ohne lästige Zeugen

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Das Land verkauft einen weiteren Kelag-Anteil an die RWE. Ohne Ausschreibung und ohne Befassung des Landtags. Man kennt sich ja: Der deutsche Konzern hat vor Jahren eine Landesstiftung mit Millionen gefüllt.

Noch im September wird die Kärntner Energieholding (51 Prozent Land Kärnten, 49 Prozent RWE AG) 12,51 Prozent ihrer Anteile an der Landeselektrizitätsgesellschaft Kelag an den deutschen Stromriesen RWE verkaufen, der dann direkt und indirekt (über die Beteiligung an der Energieholding) mit knapp 37,6 Prozent zum größten Aktionär des Kärntner E-Versorgers wird.

Den Erlös von 98 Mio. Euro wird das Land zur Schuldentilgung verwenden. Ausgeschrieben wurde der Verkauf nicht. Und den Landtag will Finanzlandesrat Harald Dobernig mit der Angelegenheit auch nicht befassen, denn der sei ja ohnehin zum bloßen „politischen Kabarett verkommen“, wie er neulich süffisant verlauten ließ.

Da hat er irgendwie schon recht: Die landesweit bekannte, aber schon einmal beliebtere Polit-Kabarettgruppe „Die blauen Nasen“ gibt dort beispielsweise seit Wochen regelmäßig die langsam fad werdende Nummer „Auszug aus dem Landtag, wir fürchten uns vor Neuwahlen“. Aber das wird er möglicherweise nicht gemeint haben, der Herr FPK-Landesrat.

Wie auch immer: Privatisierung ist an sich nichts Schlechtes. Und solange die dabei üblichen „Nebengeräusche“ nicht ins Kriminelle abgleiten, gibt es wenig zu mäkeln. Genauer hinsehen sollte man in einem Land, dessen Landeshauptmann und Baureferent wegen angeblicher Praktiken bei der Bauauftragsvergabe neuerdings mit dem Beinamen „Mister ein Prozent“ geschmückt wird (zu Unrecht, wie er selbst sagt; es gilt, wie so oft in der Kärntner Landesregierung, die Unschuldsvermutung), aber schon.

Wie das bei Landesprivatisierungen oft läuft, darüber kann beispielsweise Kelag-Miteigentümer Verbund ein stimmiges Kärntnerlied singen: Der österreichische Stromkonzern hatte sich 2001, beim ersten Verkaufsschub, um die zur Disposition stehende Beteiligung an der Energieholding beworben. Die Verhandlungen waren so gut wie unter Dach, als beim damaligen Verbundchef Hans Haider, wie er der „Presse“ später erzählte, das Telefon klingelte. Am Apparat: Kärntens Landeskaiser Jörg Haider. Sein Ansinnen: Der Verbund möge doch den Fußballklub Austria Klagenfurt (der damals gerade zum FP-nahen Klub umgebaut und mit Haider-Leuten im Management „eingefärbt“ wurde) sponsern. Eine Million wäre ganz praktisch.

Verbund-Haider lehnte ab. Und siehe da: Überraschend ging der Energieholding-Anteil nicht an den Verbund, sondern an den deutschen Stromriesen RWE.

Zur selben Zeit begab es sich, dass sich der Landesvater einen prall gefüllten „Topf“ wünschte, mit dem er seinem Landesvolk allerlei Gutes tun könnte, ohne ins Budget greifen zu müssen. Es kam also zur Gründung einer „Kärnten Privatstiftung“, deren Stiftungsurkunde so abgefasst ist, dass trotz umfangreicher Gremien (Vorstand, Aufsichtsrat, Kuratorium) letztendlich der Aufsichtsratsvorsitzende „anschafft“. Und dieser Posten ist laut Stiftungsurkunde für den Landeshauptmann von Kärnten reserviert.

Der „Erststifter“ war schnell zur Hand: Die deutsche RWE (bzw. deren Tochter RWE plus), eben erst Energieholding- und Kelag-Miteigentümer geworden, ließ 2,8 Mio. Euro springen. Als Mitstifter traten dann noch die Hypo Alpe Adria (eine Mio. Euro) und der Baukonzern Strabag (700.000 Euro, die in vier Jahresraten abgestottert wurden) auf.

Die Landesbank Hypo zu überzeugen war wohl am einfachsten: Im Stiftungsvorstand sind zwingend die beiden Vorstandsmitglieder der Landesholding vertreten – und die war damals de facto Eigentümer der Landesbank.

Zu behaupten, die „Stiftung“ von 2,8 Mio. Euro durch die RWE habe irgendetwas mit „Nebengeräuschen“ beim Kauf der Kelag-Anteile zu tun, wäre natürlich völlig absurd und würde wohl in einer Klage münden. Es wird also vielmehr so gewesen sein, dass die zeitliche Nähe zum Deal nur Zufall war und die Deutschen eben unbedingt ein paar Millionen zur „Förderung des Denksports“ (einer der in der Stiftungsurkunde festgehaltenen Stiftungszwecke), zum „Höhlenschutz“, zur „Hintanhaltung von sozialen Kosten“ oder zur „Förderung des Körpersports“ (auch diese Zwecke sind in der Stiftungsurkunde niedergeschrieben) tun wollten. Ganz sicher!

Letzterer Punkt lässt uns die Sponsoring-Forderung Haiders an seinen Namenskollegen beim Verbund wieder in Erinnerung rufen: Die Stiftung hat zwar unbestreitbar schon etliche soziale Projekte unterstützt. Da ein paar Tausender für einen Rollstuhl, dort für ein Behindertenprojekt – da gibt es nichts zu sagen.

Bisher größter Einzelausgabebrocken war aber – Bingo – die „Förderung des Körpersports“. Nämlich 500.000 Euro für eine „Jugendakademie“ ausgerechnet jenes SK Austria Kärnten, dessen „Sponsoring“ der beim Strom-Deal dann unterlegene Verbund in einem Anfall von offenbar unzeitgemäßer Anständigkeit schnöde verweigert hatte. So kam Jörg Haiders Fußballklub, der übrigens mehr durch dubiose Geldflüsse in seinem (blau-orangen) Umfeld als durch sportliche Erfolge von sich reden machte, verspätet und indirekt doch noch zu seinem Geld aus dem Stromdeal.

Angesichts solcher Zufälligkeiten ist schon irgendwie nachvollziehbar, dass Finanzlandesrat Dobernig, der als ehemaliger „Taschelträger“ der vom Himmel gefallenen Sonne das System Haider ja von der Pike auf gelernt hat, beim neuerlichen RWE-Deal keine „Zeugen“ aus dem Landtag brauchen kann.


E-Mails: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2012)

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