Ein Scheich, der „mit Tomaten beschmissen wird“

Scheich bdquomit Tomaten beschmissen
Scheich bdquomit Tomaten beschmissen(c) Michaela Bruckberger
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Mohamed Al Jaber ist als Doch-nicht-AUA-Investor bekannt geworden. Ein Muster? Tatsache ist, dass der Scheich mit etlichen Zahlungen und angekündigten Investments säumig ist.

Irgendwie hat sich Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber das alles anders vorgestellt. Zum Beispiel so: Er, saudischer Selfmade-Milliardär, kommt eines Tages nach Österreich. In dem kleinen Land, das es ihm wirklich angetan hat, investiert er fleißig in Hotels und Firmen. Gewinnbringend, natürlich – Al Jaber ist ja nicht umsonst auf Platz 93 im „Forbes“-Ranking der weltweit reichsten Menschen zu finden. Weil er aber auch eine philanthropische Ader hat, zeigt er sich bei Fußballklubs oder Universitäten spendabel. Und die Österreicher sind voll der Dankbarkeit.

Knapp daneben. Al Jaber ist zwar tatsächlich nach Österreich gekommen. Er hat seit dem Jahr 2007 sogar einen österreichischen Pass, lebt aber in Paris und London. Investiert hat er auch – allerdings haben sich die Dinge nicht ausschließlich nach seinen Plänen entwickelt. Und das mit den „Spenden“ ist auch so eine Sache. Böse Gerüchte machen die Runde: Al Jaber sei mit zugesagten Geldern arg in Verzug. Von Dankbarkeit also keine Rede.

Das macht den Scheich ziemlich „unglücklich“, wie sein Statthalter in Wien, Karim Jalloul, sagt. „Er macht Dinge, die er nicht tun müsste, zahlt jährlich Millionen an Steuern in Österreich – und wird mit Tomaten beschmissen.“

Al Jaber hat mittlerweile tatsächlich ein gröberes Imageproblem in Österreich. Das wurde in den vergangenen Wochen besonders deutlich: Die Tiroler Skifirma Kneissl, an der sich der Scheich im Jahre 2006 zu 60 Prozent beteiligte, ist in arge Turbulenzen geraten. Neun Millionen Euro Jahresumsatz macht die kleine Firma nur mehr, dafür hat sie angeblich rund 15 Millionen Euro Schulden angehäuft. Kneissl hing wochenlang am seidenen Faden – mit fünf Exekutionsanträgen und einem Konkursantrag im Genick.

Am Dienstag hat Al Jaber, quasi im letzten Moment, 1,2 Millionen Euro zugeschossen. „Ich persönlich halte das für schwachsinnig“, sagt Statthalter Jalloul, „weil wir ja nicht wissen, ob es weitere Konkursanträge geben wird.“ Der Scheich habe aber gezahlt, „weil man ihn öffentlich so unter Druck gesetzt hat, das hat ihm sehr zugesetzt“.

Das ist die eine Sicht der Dinge.Die andere: Das sei das bekannte Muster des Scheichs, sagen seine Kritiker. Er halte nicht Wort, sei mit zugesagten Zahlungen stets im Verzug und überweise (wenn überhaupt) erst, „wenn es nicht mehr anders geht“.

„Der Glanz des Austro-Scheichs ist abgeblättert“ titelte eine Zeitung unlängst. Das hat was. Vor Jahren jedenfalls hatte Al Jaber in Österreich noch alle Sympathien auf seiner Seite. Seit 2002 gehören ihm in Wien zwar das Grand Hotel und das Hotel „The Ring“ – doch einer breiten Öffentlichkeit wurde er erst im Jahre 2008 bekannt, als potenzieller Retter der maroden AUA. Mit 150 Millionen Euro wollte er damals bei der Fluglinie einsteigen, immerhin hatte AUA-Chef Alfred Ötsch auch gemeint, die AUA sei saniert. Als sich das dann als einigermaßen übertrieben herausstellte, machte Al Jaber einen Rückzieher.

Abgesehen von der AUA konnte das natürlich jeder nachvollziehen. Und doch werden die Ereignisse heute in einem anderen Licht gesehen. Denn mittlerweile häufen sich Fälle, in denen der Scheich zugesagte Investments und Zahlungen nicht einhält.

So tobt in Frankreich seit Monaten ein Rechtsstreit mit der US-Starwood-Gruppe. Der Grund: Al Jaber hat französischen Zeitungen zufolge mit Starwood vertraglich vereinbart, neun Luxushotels in Frankreich um 2,1 Milliarden Dollar zu übernehmen. Dann erfolgte die Anzahlung des Scheichs – die allerdings um 142 Millionen zu niedrig ausfiel. Starwood klagte.

Mit den Hotels, dem Kerngeschäft des Scheichs, ist das überhaupt so eine Sache. In Österreich hat er seit dem Jahre 2007 die Nutzungsrechte für das Hotel Im Palais Schwarzenberg. Es ist geschlossen – und das schon länger. Ursprünglich hätte mit dem Umbau Anfang 2009 begonnen werden sollen. Doch da tut sich immer noch nichts. Woran das liegt? An der fehlenden Baubewilligung jedenfalls nicht, die gibt es seit dem vergangenen Jahr.

„Wir haben noch keine hundertprozentige Kostensicherheit, und solange unterschreiben wir keine Verträge“, sagt Jalloul. Nachsatz: „Wir bauen ja keinen Würstelstand.“

Stimmt. Andererseits: Aus den einst ehrgeizigen Hotelplänen bei der Kneissl-Holding wurde bislang auch nichts. Ursprünglich war je ein Hotel in Kals in Osttirol sowie in Goldeck in Kärnten angekündigt worden. Aktueller Stand: „Wir haben das Grundstück in Goldeck bereits gekauft“, sagt Jalloul. Und: „Wir haben eineinhalb Jahre am Hotelkonzept gearbeitet. Es dauert halt, bis so etwas steht.“

Dass sich große Investments verzögern, ist noch einigermaßen nachvollziehbar. Stutzig machen allerdings Meldungen, wonach Al Jaber mit Überweisungen, die er eigentlich aus der Portokassa zahlen könnte, in Verzug ist.

In der gerichtsanhängigen Causa AUA etwa geriet er mit der Bezahlung von 60.000 Euro für den Gutachter in Verzug. Die Überweisung habe sich verspätet, weil sie aus Paris kam, sagt Jalloul.

Der Fußballklub Wacker Innsbruck wiederum brachte im Oktober Klage gegen Kneissl wegen ausständiger Sponsorgelder in Höhe von 156.000 Euro ein. Das in Zusammenhang mit Al Jaber zu bringen, macht Jalloul eher unrund: „Kneissl schuldet das Geld“, sagt er, „das ist nicht Sache des Eigentümers. Der Scheich kennt Wacker Innsbruck nicht einmal.“

Dafür kennt er die Modul University Vienna. Die Privat-Uni mit Schwerpunkt Tourismus wurde 2007 eröffnet, Al Jaber als Gründungsmitglied hält zehn Prozent der Anteile – 90 Prozent gehören der Wirtschaftskammer Wien. Beim Modul ist der Scheich mit Stipendienzahlungen in Höhe von 350.000 Euro in Verzug.

Auch dafür hat Jalloul eine Erklärung: Al Jaber sei ursprünglich von der Idee beseelt gewesen, Stipendien für arabische Studenten zu finanzieren. „Seine Idee war, dass diese dann später in ihrer Heimat als Botschafter für Österreich auftreten könnten.“ Nur: Das Interesse arabischer Studenten an einer Tourismusausbildung in Österreich sei halt denkbar flau. Der Scheich werde aber trotzdem die offene Summe begleichen, sagt Jalloul, das habe er Kammerpräsidentin Brigitte Jank versprochen.

Hat Al Jaber finanzielle Probleme? Jalloul: „In Zeiten wie diesen muss auch Al Jaber schauen, dass er sein Geld beisammenhält. Da muss man sich halt alles zehnmal überlegen.“ Nachsatz: „Das ist doch kein Verbrechen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2010)

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