Verwaltungsgericht kann trotz Krankheit verhandeln

Leerer Gerichtssaal (Symbolbild)
Leerer Gerichtssaal (Symbolbild)APA/HELMUT FOHRINGER
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Kann das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchführen, wenn ihr der Beschwerdeführer „wegen Krankheit“ fernbleibt? Ja, sagt der VwGH.

Wien. Ein Mann war im Sommer 2014 vom Magistrat der Stadt Wien als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH wegen mehrerer Übertretungen für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden. Gegen das Straferkenntnis legte der Beschuldigte beim Verwaltungsgericht Wien (VwG) Beschwerde ein. Zur mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2015 erschien er allerdings nicht. Sein Anwalt entschuldigte den Mann „wegen Krankheit“. Er legte dazu eine tags zuvor von einem Allgemeinmediziner ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsmeldung vor. Als Grund für die Arbeitsunfähigkeit wurde darin lediglich „Krankheit“ des Beschwerdeführers genannt. Darüber hinaus ist in der Meldung des Arztes gar nichts zu finden.

Das Verwaltungsgericht führte die mündliche Verhandlung trotz seiner Abwesenheit durch und bestätigte die Erkenntnis des Magistrat bis auf zwei Punkte. Der Beschwerdeführer hielt das Vorgehen des VwG, trotz seiner entschuldigten Abwesenheit zu verhandeln, für völlig verfehlt. Das stünde im Widerspruch zur ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH), an den er sich auch umgehend wandte.

Art der Verhinderung unklar

Doch der VwGH ließ die Revision nicht zu. Nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstig begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, einer Ladung Folge zu leisten. Tut er das nicht, kann er mittels einer Zwangsstrafe dazu angehalten oder sogar vorgeführt werden.

Nun ist ja in diesem Fall der Geschäftsführer nicht unentschuldigt ferngeblieben – könnte man meinen. Der VwGH steht jedoch auf dem Standpunkt, dass es nicht ausreicht, einfach eine Krankheit zu behaupten. Es muss auch dargelegt werden, dass einen die Krankheit tatsächlich daran hindert, bei der Verhandlung zu erscheinen. Und, so der VwGH: „Die Triftigkeit des Nichterscheinens bei der Verhandlung muss überprüfbar sein.“ Doch aus der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsmeldung sei die Art der Verhinderung in keiner Weise ersichtlich gewesen, auch der Anwalt des Geschäftsführers habe dazu nichts Näheres kundgetan. Deshalb sei es recht und billig, dass das Verwaltungsgericht nicht von einem Vorliegen eines triftigen Grunds ausgegangen ist.

Alleine der Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit ist – anders als sich der Mann das offenbar erwartet hat – keine ausreichende Entschuldigung und vor allem für das Gericht kein Grund, die mündliche Verhandlung zu vertagen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Richter des Verwaltungsgerichts also in seiner aktuellen Entscheidung (Ra 2016/02/242) bestätigt: Sie durften die mündliche Verhandlung in seiner Abwesenheit durchführen und ihre Entscheidung treffen, ohne den Beschwerdeführer anzuhören. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2017)


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