Aufklärung muss fristgerecht sein

Erst unmittelbar vor ihrer Bruststraffung wurde eine Frau über die notwendige Anästhesie aufgeklärt. Zu spät, wie der Oberste Gerichtshof nun festhielt.

Wien. Eine Frau unterzog sich einer kosmetischen Operation, konkret ließ sie ihre Brust straffen.

Der Eingriff wurde medizinisch einwandfrei durchgeführt. Allerdings bekam die Frau eine Woche danach Schmerzen. Sie ging zu ihrem behandelnden Arzt, der diese aber als unbedenklich bezeichnete. Nach einem weiteren Arztbesuch fuhr sie auf Urlaub, den sie aber alsbald abbrechen musste, weil eine Wundheilstörung auftrat. Eine häufig auftretende und eingriffstypische Komplikation. Weil ihr Arzt nicht erreichbar war, begab sie sich in ein Krankenhaus, wo sie versorgt wurde. Dort unterzog sie sich auch einige Zeit später einer Nachoperation. Den Erstoperateur allerdings klagte sie auf Schmerzengeld, Nachbehandlungskosten, Kosten für eine Haushaltshilfe, und begehrte gerichtlich die Feststellung, dass der Arzt für sämtliche zukünftigen Schäden aus der Operation zu haften habe.

Während das Erstgericht jeden Aufklärungsfehler verneinte und die Klage abwies, bejahte das Berufungsgericht eine Haftung des Arztes. Der Oberste Gerichtshof (OGH) schloss sich in seinem Beschluss 6 Ob120/18t dieser Meinung an: Für Schönheitsoperationen gelten nämlich spezielle Regeln: Nach § 6 Abs 1 des Gesetzes für die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen darf ein solcher Eingriff nur durchgeführt werden, wenn der Einwilligung des Patienten eine umfassende ärztliche Aufklärung vorangegangen und zwischen der abgeschlossenen Aufklärung und der Einwilligung eine Frist von zumindest zwei Wochen eingehalten worden ist. Und zu dieser „abgeschlossenen Aufklärung“, wie das Gesetz ausdrücklich sagt, gehört nicht nur die Information über den Eingriff selbst, sondern auch jene über eine allenfalls erforderliche Anästhesie, die jedoch der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin zu geben hat.

Frist muss eingehalten werden

Im vorliegenden Fall bekam die Klägerin – wie das wohl sehr häufig in der Praxis der Fall ist – den Anästhesisten erst unmittelbar vor der Operation zu Gesicht und wurde von ihm aufgeklärt. Die Folge: Der Arzt muss zahlen. Hat die eigenmächtige Behandlung ohne ausreichende Aufklärung des Patienten stattgefunden und – wie in diesem Fall – nachteilige Folgen nach sich gezogen, haftet der Arzt, wenn der Patient sonst in die Behandlung nicht eingewilligt hätte, für diese Folgen sogar dann, wenn ihm bei der Behandlung kein Kunstfehler unterlaufen ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2018)


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