Billigairline als Lückenfüller für Niki

(c) APA/WIZZAIR.COM/ARPAD FOLDHAZ
  • Drucken

Während der Fortbestand von Niki und deren 1000 Jobs durch den Strudel der Rechtsstreitigkeiten bedroht sind, stößt die ungarische Billigairline Wizz in die Lücke und eröffnet in Wien eine Basis mit vorerst drei Fliegern.

Wien. Die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki droht im heftig tobenden Kompetenzstreit der Gerichte, ob für das Insolvenzverfahren Berlin oder Wien zuständig ist, unterzugehen. Der vom vorläufigen deutschen Insolvenzverwalter Lukas Flöther getätigte Notverkauf der Airline an die spanisch-britische IAG-Holding und die Eingliederung von Niki in deren Billigtochter Vueling, was die Rettung von Teilen der Airline und von 740 der 1000 Jobs bedeutete, ist zwar nicht zwangsläufig obsolet. Er hängt aber in der Luft.

Die Lücke, die Air Berlin und Niki in Wien hinterlassen, bleibt indes nicht lange bestehen: Die ungarische Billigairline Wizz Air, eine der schnellstwachsenden Fluglinien Europas, macht Wien mit einer Investition von 331 Mio. Dollar zur ersten Basis in Westeuropa und stationiert hier ab 14. Juni drei Flugzeuge. Schon ab April werden heuer sukzessive 17 Flugziele angeboten, darunter die bisherigen Niki-Ziele Tel Aviv, Valencia, Larnaca und Dortmund. Wizz-General Jozsef Varadi will heuer ab Wien 450.000 Tickets verkaufen – sie sind ab sofort buchbar.

Zurück zu Niki: Dort laufen die deutsche und die österreichische Rechtsmaschinerie parallel auf Hochtouren – mit noch ungewissem Ausgang. Vorige Woche brachte die auf Passagierrechte spezialisierte Firma Fairplane eine Beschwerde gegen das Insolvenzverfahren in Berlin ein – und stellte gleichzeitig einen Konkursantrag gegen Niki beim Landesgericht Korneuburg. Nur zwei Tage später wies das Amtsgericht Berlin die Beschwerde ab. Das Landgericht Berlin gab als Berufungsinstanz am Montag überraschend den Österreichern recht. Dagegen legte Flöther im Namen von Niki umgehend Berufung beim deutschen Bundesgerichtshof ein. Wie lang es bis zu dessen Entscheidung dauert, ist offen. Eine Sprecherin betonte, man werde zügig arbeiten. Das Höchstgericht könnte freilich noch den Europäischen Gerichtshof einschalten, womit die Entscheidung noch länger dauern würde.

Zwei Verfahren parallel?

Parallel dazu arbeitet das Landesgericht Korneuburg: Der zuständige Richter habe am Montag bei einer Tagsatzung den Beteiligten – Fairplane, Flöther und Vertretern von Niki – bis Donnerstagnacht die Möglichkeit eingeräumt, weitere Anträge und Beweise einzubringen, erklärte Mediensprecher Gernot Braitenberg der „Presse“. Entschieden werde am Freitag oder Anfang nächster Woche.

Flöther will indes den ausgehandelten Kaufvertrag mit der IAG über zwei parallele Insolvenzverfahren in Berlin und Wien retten, wie er am Dienstag erklärte. Noch diese Woche will er dazu ein Sekundär-Insolvenzverfahren in Österreich beantragen.

Flöther und der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Frank Kebekus müssen sich von Niki Lauda und Thomas Limberger (PrivatAir), die für Niki geboten hatten, aber abgeblitzt waren, vorwerfen lassen, sie hätten Niki einen Bärendienst erwiesen. „Das Verfahren hätte von Anfang an hier stattfinden müssen“, meint Lauda im Gespräch mit der „Presse“. Der Rechtsstreit koste viel Zeit – „die hat Niki nicht“. Jetzt stelle sich nicht nur die Frage, ob die IAG wie geplant mit 16,5 Mio. Euro den Geschäftsbetrieb und die Gehälter der Niki-Mitarbeiter finanziere. „Jetzt beginnt die Buchungszeit für Frühling und Sommer“, erklärt Lauda. „Wer soll wo buchen?“

Was Lauda und Limberger zusätzlich aufstößt, sind die hohen Honorare für den in die deutschen Verfahren um Air Berlin und Niki eingebundenen Berater Roland Berger. Die Rede ist von einem zweistelligen Millionenbetrag. Ein Sprecher Flöthers dementiert dies, der Betrag sei deutlich niedriger.

Niki habe man sich angesehen, aber Abstand genommen, sagte Varadi am Dienstag vor Medienvertretern in Wien. Die 2004 gegründete, an der Londoner Börse gelistete Fluglinie wolle und könne aus eigener Kraft wachsen. Im Geschäftsjahr 2016/17 (Ende März) wurde mit 3500 Mitarbeitern bei einem Umsatz von 1,6 Mrd. Euro ein Nettogewinn von 246 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Zahl der Passagiere lag bei 23,8 Millionen, was mehr als einer Verdoppelung seit 2010 entspricht. Im laufenden Geschäftsjahr werden 30 Millionen Fluggäste angepeilt.

Flughafen wächst mit Wizz

So soll es weitergehen: Die reine Airbus-Flotte wird heuer von 88 auf 100 Flieger aufgestockt, 280 Maschinen sind bestellt. „Wir wollen ein gesamteuropäischer Player werden“, sagte Varadi und setzte nach: „Low cost bedeutet inzwischen hohe Qualität.“ Die Wizz-Basis in Wien schafft 120 Arbeitsplätze. Für Piloten gibt es am Freitag und Samstag eine Jobbörse.

Was für die AUA und deren Mutter, Lufthansa, neue Konkurrenz bedeutet, ist für den Flughafen ein Volltreffer. „Wizz hat auf die Niki-Pleite rasch reagiert, das Timing ist perfekt“, sagte Flughafen-Vorstand Julian Jäger. Mit Wizz werde die Position Wiens als Ost-West-Drehscheibe aufgewertet. 2019 soll Wizz rund eine Million zusätzliche Passagiere bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Unternehmen

Billigflieger Wizz Air siedelt sich am Flughafen Wien an

Der ungarische Billigflieger Wizz Air stationiert heuer drei Flugzeuge am Flughafen Wien. Mehr als 100 neue Jobs werden dort geschaffen.
Unternehmen

Niki-Insolvenz brachte Reiseveranstalter ins Schwitzen

Österreichs größter Urlaubsanbieter TUI musste nach dem Zusammenbruch der Airline Niki rund 7000 Flüge umorganisieren.
Unternehmen

Niki-Verkauf an IAG soll trotz Rechtsstreit gelingen

Die insolvente österreichische Air-Berlin-Tochter Niki will ihr in Deutschland laufendes Insolvenzverfahren retten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.